Lützschena vor 150 Jahren
(Abschrift aus dem Tagebuch von Pfarrer Reichel _ 1831 _ 1863 Pfarrer in
Lützschena 5. Juli
Gestern hatten die Mitglieder des Hänischer Schullehrervereins mit mir ihre
Conferenz bei dem Hauslehrer der jüngsten beiden Amtmann Leopoldschen Töchter,
Candidat Claus. Wie unfreundlich auch die Witterung war, desto freundlicher
die Aufnahme dort, desto genussreicher unser Tagwerk. (Einst (1828) wohnte
ich der Trauung des Leopoldschen Ehepaares in Wildenborn bei Zeitz als hiesiger
Hauslehrer bei.)
Die Witterung war bisher sehr günstig _ erst der Heuernte, die sehr
reichlich ausfiel, dann dem Gedeihen der Feldfrüchte (nur sind hier und
da die Felder sehr oberquellig naß _ welchem Uebelstande unser nachbarlicher
junger Freund, H. Oeconom Krüger in Stahmeln durch Drainage abgeholfen hat
auf seiner Flur).
Unser H. Baron ist mit seiner jüngeren Baronesse Tochter von St. Veit zurück,
deren älterer Bruder Karl dort noch immer sein ungeistiges Pflanzenleben
führt. Frau Baronin v. Hormayer ist noch dort zurückgeblieben.
Unseren Rindviehstand haben wir schon bis auf 1 Kuh reduciert, die auch
bald noch feil werden wird Folge der Naturalien Ablösung! Noch kostet 1
Scheffel Roggen fast
sechs Thaler!, wie befriedigend auch jetzt die Aussichten sind. [Scheffel
= ein altes Hohlmaß in Deutschland. In Sachsen betrug er 103,829 Liter.
Nach den Roggenpreisen vom 12.04.05 in der LVZ würde der Scheffel Roggen
derzeit zwischen 5,60 und 6, 10 EURO kosten, allerdings brauchte um 1850
ein Haushalt mit 5 Personen etwa 3 _ Taler pro Woche zum Leben ... d.Ü.].
Der Hänischer Gutsbesitzer, Richter und Kirchvater Rottig ist dasiger Pfarrlehnspächter
geworden (anstatt Herr Rohbergers). Der hiesige Pfarrpächter Herr Kundt
baut viel Zuckerrüben für seine Mockausche Zuckerfabrik.
Pfarrer Reichelt