Leserbrief zum Bürgerbegehren

Der Auen-Kurier hat den Teilverkauf der Stadtwerke Leipzig als Gefahr erkannt und zur Unterstützung des Bürgerbegehrens ermuntert. Gut so.

„Der Stadtrat hat auf meinen Vorschlag hin mich beauftragt, bis zu 49,9 % der Anteile an den Stadtwerken Leipzig zum Verkauf auszuschreiben. Darüber hinaus muss ich ihm einen Vorschlag zur Veräußerung einer Anteilsminderheit an der Leipziger Verkehrs- und Versorgungsge-sellschaft LVV vorlegen. Die LVV ist eine Dachgesellschaft für die Stadtwerke, die Verkehrs-betriebe und die Wasserwerke. " OBM Jung laut www. leipzig. de, 28.09.07 (vgl. auch Amtsblatt}.

Der Herr OBM sagt, das sei noch kein Ausverkauf der Stadt, und er wolle damit die weiter absehbaren Preissteigerungen für Energie gering halten. Die Stadt könne mit 50,1 % der Anteile auch die Zukunft dieser Unternehmen (und ihrer Preise) weiter bestimmen.--Kann es einen Investor geben, der nicht seinen Gewinn sucht? Oder wurde, um die Preise gering zu halten, vielleicht ein Stifter benötigt?

Wer sich als "starker Partner" beworben hat und in die engere Wahl kam, ist veröffentlicht. Es sind Globalplayer, die weltweit „öffentliche" Unternehmen aufzukaufen versuchen. Im Lande wird in Finanznot getriebenen Städten der Teilverkauf von Stadtwerken u.a. nahe gelegt. Teilverkäufe können die aktuelle Finanznot der Städte vorübergehend mindern. Das Beseitigen ihrer Ursache verlangt allerdings andere Maßnahmen.

„Starke Partner" pflegen sich bei der Durchsetzung ihrer Interessen (und der Auslegung von Verträgen) ganz normal auf ihre gesamte Wirtschaftsmacht und ihre Rechtanwälte zu stützen. Die vermögen mehr als 49,9% Anteile. Kann man ernsthaft glauben, die finanziell schwächelnde Stadt bleibe demgegenüber „immer Herr im eigenen Hause"?

Der OBM will die Expansion (!) der Stadtwerke mit Hilfe des Partners. Dessen Interesse etwa in Richtung Polen ist verständlich. Und wer bezahlt den 50,1% -Anteil der Stadt an solcher Expansion? Das kann teuer werden. Dazu kommen dann die (berechtigten) Gewinnerwartungen eines Investors. Kann man wirklich hoffen, auf diesem Wege Preiszuwachs gering zu halten, plus die klimaerhaltenden Investitionen in Erneuerbare Energie fortzusetzen, plus die Quersubventionierung der LVB zu sichern?

2x musste Leipzig die Stadtwerke schon zurückkaufen. Andere deutsche Städte prüfen aktuelle Rück-kaufmöglichkeiten. Deutsche Unternehmen versuchen andernorts bereits mit ihren Mitteln das Preisdiktat der Energieoligarchen zu durchbrechen, die unmittelbar oder über Tochterfirmen den Markt beherrschen. Die EU ist aktiv geworden.

Es geht darum, nicht weitere Teil-Möglichkeiten der Stadt für eigene Entscheidungen und die Interessen ihrer Bürger zu verkaufen. Deshalb sollte der Verkauf von Eigentum und Verfügungsgewalt der Bürger dieser Stadt nicht einer zeitweiligen Stadtratsmehrheit von zwei Stimmen überlassen, sondern ein Bürgerentscheid durchgesetzt werden — ehe es zu spät ist.

W.Weiler (21.10.07)