Noch einmal: Hochwasser in Lützschena

 

Völlig überrascht war ich von der Resonanz, die der gleichnamige Beitrag im „Auen Kurier“ vom November auslöste. Bürger meldeten sich, sprachen mit mir persönlich oder am Telefon, stellten Fotos zur Verfügung. Damit bin ich in der Lage, diese schreckliche Katastrophe nun genauer zu datieren. Sie ereignete sich im März 1940, offenbar als Folge ungewöhnlich star-ker Niederschläge in unserer Region. Große Wassermassen rauschten den Radefelderweg herab, rissen dabei sogar Pflastersteine aus der Fahrbahn, was das Bild von der Einmündung des Poetenwegs zeigt. Das gesamte Gebiet der heutigen Feuerwehr stand unter Wasser, eben-so die Hallesche Straße in der Ortsmitte. Dort wo sich heute der Sportplatz befindet, aber auch die alte Ortslage waren überflutet. Viele Schaulustige beobachteten, wie sich Soldaten und andere um Hilfe bemühten, größere Schäden verhindern wollten. 

 

Ähnliches geschah noch einmal im August 1985, als ein Wolkebruch auf einer eng begrenzten Fläche über Lützschena und Radefeld niederging. Hagelkörner von der Größe eines Hühner-eis zerschlugen Dachfenster und Dachrinnen aus PVC, entlaubten Bäume und Büsche. Selbst Vögel, die trotz der nächtlichen Dunkelheit von dem gewaltigen Lärm aufgeschreckt davon-flogen, wurden im Flug erschlagen. Von den Feldern im Norden des Ortes strömte das Wasser vor allem über den Radefelder und den Freirodaer Weg in die südlichen Teile von Lützsche-na, riss alles mit, was sich ihm in den Weg stellte. Mancher, der sich wegen anstehender Bau-arbeiten eine Fuhre Sand vor das Grundstück kippen ließ, fand diese nicht mehr wieder. Die Garagen unter den Häusern im Radefelder Weg liefen voll Wasser noch ehe die Bewohner ihre Autos retten konnten. Schlamm und Geröll auf den Gleisen der Straßenbahn besonders am Freirodaer Weg, aber auch das Wasser in der Halleschen Straße brachten  den Straßen-bahnverkehr für längere Zeit zum Erliegen. Mancher von uns wird sich noch an diese Nacht mit Schrecken erinnern.

 

Zum dritten Male wurde Lützschena Opfer einer Überschwemmung am 7. November 1989, dem Tag, als die DDR-Regierung geschlossen zurücktrat. Diesmal war es wenige Stunden vor Mitternacht der Bruch der Fernwasserleitung, die neben dem Jägergraben die Bahnstraße kreuzt. Von dieser Stelle ergossen sich die Wassermassen, rissen das Straßenpflaster in der Bahnstraße heraus, überschwemmten das Gelände, wo sich heute das Gerätehaus der Feuer-wehr befindet und natürlich wieder die Hallesche Straße, ehe sie durch den südlichen Ortsteil in die Elster flossen. 

 

Vor allem die beiden ersten Ereignisse zeigen, dass die Gefahr eines Hochwassers weniger von Elster und Luppe ausgeht, hier gab es im Juli 1954 eine Überschwemmung, sondern mehr aus dem Norden der Ortschaft. Und wenn die Wetterexperten annehmen, dass es künftig wegen des Klimawandels noch öfter zu stärkeren Unwettern kommen wird, dann wird man sich wohl auch hier Gedanken machen müssen, mit welchen Maßnahmen möglichen Hoch-wassergefahren zu begegnen ist. 

 

Schließlich möchte ich mich bei allen bedanken, die mir mit Informationen und Bildern dabei geholfen haben, diesen Teil unserer Heimatgeschichte darstellen zu können. Vielleicht ergibt sich hieraus auch die Anregung, weitere Themen vorzuschlagen und mir dafür Material in Form von Augenzeugenberichten oder Fotos zur Verfügung zu stellen, damit das aufgearbeitet und bewahrt werden kann, was heute hier lebende Menschen und künftige Generationen sicher interessieren wird, ihre Verbindung zu unserer Ortschaft festigt. 

 

Horst Pawlitzky 

 

 

Radefelder Weg an der Einmündung des Poetenweg

Radefelder Weg und heutiger Standort des Feuerwehrgerätehauses

Hallesche Straße an der Haltestelle Richtung Schkeuditz

Überflutung der Straßen Ander Schäferei / Bauernsteg