Diplomat und Sammler von Format
Zum 100. Todestag von Hermann Freiherr Speck von
Sternburg (1852-1908)
von Horst Pawlitzky
Am 24. August jährt sich zum 100. Mal der Todestag von
Hermann Freiherr Speck von Sternburg, der als hochrangiger Diplomat tätig war
und dessen Sammlung ostasiatischer Kunst- und Alltagsgegenstände heute im
Museum für Völkerkunde im Grassimuseum zu sehen ist. Sie ist nicht so groß, wie
die Kunstsammlung seines Großvaters, des Familienpatriarchen Maximilian Speck
von Sternburg im Museum der bildenden Künste zu Leipzig. Aber trotzdem ist
Hermanns Sammlung nicht minder bedeutend.
Hermann Speck von Sternburg wurde
am 21. August 1852 in Leeds in England geboren. Sein Vater Alexander Speck von
Sternburg hielt sich dort zu Studienzwecken auf, lernte in England auch seine
Frau Martha geb. Stocks dort kennen. 1856, als sein Großvater Maximilian
gestorben war, kehrte die junge Familie nach Lützschena zurück. Hermanns Vater
hatte als Majoratsherr nun den Familienbesitz zu übernehmen. Da Hermann aber
als zweitgeborener Sohn keine Aussicht hatte, ebenfalls Majoratsherr zu werden,
schlug er die Laufbahn eines Diplomaten ein. Nach dem Besuch der Fürstenschule
St. Afra in Meißen schloss sich ein Fachstudium in Dresden an. Es folgte dann
der Militärdienst bei den 2. Königlich Sächsischen Reitern in Grimme. Nach
seiner Teilnahme am Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 war er in Hannover und Dresden
als Militär tätig. Das veranlasste ihn sicher, seine militärischen Erfahrungen
in die Waagschale werfend, sich 1883 um eine Stelle als Miltärattaché in London
zu bewerben, was jedoch fehlschlug, weil die Stelle bereits besetzt war. 1884
wurde er – sicher keine schlechtere Lösung für ihn – als Militärattaché an die
Kaiserliche Gesandtschaft in Washington/USA berufen. Später zum Königlich
Sächsischen Major befördert wurde er als Militärattaché zur Kaiserlichen
Gesandtschaft in Peking versetzt. Nach erfolgreich bestandenen Prüfungen wurde
er in den diplomatischen Dienst übernommen und 1893 als Legations-Sekretär in
Peking berufen. Sein Einsatz als Diplomat erforderte nun die Entlassung aus der Königlich Sächsischen
Armee, was 1894 geschah. Erneut musste er den Dienstort wechseln, kam 1896 an
die Kaiserliche Gesandtschaft in Belgrad und nahm dort 1897 die Stellung eines
Legationsrates ein. 1898 wurde wechselte er wieder an die Kaiserliche Botschaft
Washington, war dort der Erste Sekretär. Hier war er als ein fähiger Mann
geschätzt, der den späteren amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt als
seinen Freund gewinnen konnte. Während einer Schiffsreise über den Atlantik
lernte er seine spätere Ehefrau Lilian May Langham aus Louisville in Kentucky
kennen, die am 28.09.1879 in San Francisco als Tochter eines wohlhabenden
Minenbesitzers aus Idaho geboren wurde. Die Hochzeit fand am 05.12.1900 in
London statt. Das Jahr 1900 war für Hermann Speck von Sternburg auch insofern
bedeutend, wurde er doch zum Generalkonsul des Deutschen Reiches für
Britisch-Indien und Ceylon mit Sitz in Kalkutta ernannt. Nach Washington kehrte
er 1903 als außerordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Minister zurück,
trat dort im Juni 1903 die Nachfolge des Botschafters von Holleben an und wurde
so zum außerordentlichen und bevollmächtigten Botschafter in den USA. Seine
Gesundheit war jedoch angegriffen, vor allem durch die Aufenthalte in den
Tropen, wo er sich ein krebsartiges Gesichtsleiden zuzog, so dass er bei der
Erfüllung seiner Dienstaufgaben eingeschränkt war und weshalb er mehrfach zum
Krankenurlaub in die Heimat reisen musste. Seine letzte Reise im Mai 1908 ging
nach Deutschland, wo er trotz ärztlicher Behandlung in Bad Homburg und
Heidelberg dort am 23.08.1908 verstarb. Beigesetzt wurde er in der
kreuzförmigen Grabstätte im Park von Lützschena. Ihm zu Ehren fand am
29.10.1908 in Washington eine Trauerfeier statt, an welcher der amerikanische
Präsident Roosevelt, das gesamte diplomatische Korps, ranghohe Beamte und
Militärs und selbstverständlich die Witwe Lilian Speck von Sternburg und deren
Mutter teilnahmen.
Für uns von Bedeutung ist die Zeit
von 1891 bis 1896, in der Hermann Speck von Sternburg in Peking weilte und
neben seinen dienstlichen Aufgaben auch als Kunstsammler tätig war. Die enge
Verbindung zum Hof des chinesischen Kaisers öffnete ihm sicher viele Türen, so
dass es ihm gelang, wertvolle und einzigartige Gegenstände der
tibetisch-buddhistischen Kultur, der Kunst und des Kunsthandwerks der
Han-Chinesen in seinen Besitz zu bringen. Einen Teil davon übergab er bereits
zu seinen Lebzeiten dem Museum für Völkerkunde in Leipzig. Einen anderen Teil,
der sich bereits als Leihgabe dort befand,
erwarb das Museum 1909 „für einen eher symbolischen Betrag“ von seiner
Witwe Lilian, so dass sich nun ca. 500 Gegenstände der Sammlung dort befanden.
Weitere 820 Stücke ließ die Witwe 1909 in New York versteigern, von denen
einige so in das Metropolitan Museum in New York gelangten. In Leipzig wurde
die Sammlung zuerst in dem alten Grassimuseum (heute Stadtbibliothek am
Wilhelm-Leuschner-Platz) untergebracht, ehe sie 1927 in den 1927 bis 1929
errichteten Neubau am Johannisplatz kam. Trotz der Zerstörung des Grassimuseums
im Zweiten Weltkrieg und seiner zweckentfremdeten Nutzung in der DDR-Zeit
konnte die Sammlung des Hermann Speck von Sternburg gerettet werden. Bevor sie
in das rekonstruierte Grassimuseum zurückkam, wo am 28.11.2005 die
Dauerausstellung des Völkerkundemuseums wieder eröffnet wurde, befand sie sich
im Interim in der Mädlerpassage. Jetzt befindet sich in der ersten Etage des
Völkerkundemuseums ein eigener Raum, anspruchsvoll mit Licht und Ton würdig
gestaltet, in dem ein Teil der Sammlung bewundert werden kann. Wegen ihres
Umfangs sind die übrigen Objekte im Magazin untergebracht, wo sie museal
betreut werden und der wissenschaftlichen Bearbeitung zur Verfügung stehen. Das
Museum für Völkerkunde zu Leipzig bereitet in Zusammenarbeit mit Wolf-Dietrich
Freiherr Speck von Sternburg z.Zt. einen großen Katalog der kompletten Sammlung
vor. Er wird in einem Festakt am 29. August 2008 anlässlich des 100. Todestages
von Herrmann Speck v. Sternburg der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Der Katalog selbst wird Fotos aller ca. 500 Objekte enthalten.
Als Einwohner von Lützschena-Stahmeln
haben wir sicher genügend Grund, Hermann Speck von Sternburg dafür dankbar zu
sein, dass er den Namen unserer Ortschaft mit seiner Sammlung weit über die
Grenzen Leipzigs bekannt machte. Und in einer Zeit, in der die meisten Menschen
keine weiten Reisen unternehmen konnten, haben ihnen Sammler wie er auf sehr
anschauliche Weise Wissen über fremde Völker und ihre Kulturen vermittelt,
einen wertvollen Beitrag zur Völkerverständigung geleistet. Hervorzuheben ist
seine Eigenschaft – und das trifft auf weitere Mitglieder der Familie von
Sternburg zu – nicht für sich selbst Kunstgegenstände zu erwerben, sondern
diese auch der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb können wir uns
heute ungehindert in dem schönen Lützschenaer Park erholen, eine wunderbare
Bildersammlung genießen und fernöstliche Kunstschätze betrachten. Letzteres
sollten wir tun, indem eine Gruppe interessierter Bürger der Ortschaft sich zu
einer Führung in das Völkerkundemuseum begibt und dort aus berufenem Munde
etwas über den Reichtum und die Schönheit der Sternburg-Sammlung erfährt.
Schließlich sollten wir unseren ehemalige Mitbürger ehren, indem wir uns an
seinem 100. Todestag an seiner Grabstätte im Schlosspark versammeln, an ihn in
würdiger Form erinnern und ein Blumengebinde niederlegen.
Horst Pawlitzky
Quelle: Das Yunnan-Album der Sammlung Herman Speck von Sternburg aus Lützschena
Museum für Völkerkunde zu Leipzig 2003
ISBN
3-910031-30-7
Ergänzend zum Beitrag von Horst Pawlitzky haben uns die
Herrn Korge und Berlich dankenswerterweise den folgenden Bericht aus der
illustrierten Wochenschrift „Der Leipziger“ aus dem Jahre 1908 zur Verfügung
gestellt:
Trauerfeier in Lützschena
Am 28. August wurden die sterblichen Reste des
Freiherrn Hermann Speck von Sternburg im Mausoleum des Schlosses Lützschena
beigesetzt. Berge von Kränzen und Blumenspenden häuften sich auf dem Sarge und
um ihn. Der Kaiser hatte einen riesigen Lorbeerkranz durch den Oberjägermeister
Freiherrn von Heintze niederlegen lassen. Unser König hatte als Vertreter den
Grafen Wilding gesandt. Die amerikanische Botschaft in Berlin war durch den
Botschafter Dr. David Hill vertreten und das Auswärtige Amt durch Freiherrn von
der Busche. Ferner waren noch erschienen: Minister Graf von Hohenthal,
Kreishauptmann Freiherr von Welck, Amtshauptmann von Nostiz-Wallwitz, General
Graf d’Elsa, unser Oberbürgermeister u.a.m. Die American Associated Press hatte
ein Blumenarrangement aus Orchideen und Rosen auf den Sarg niederlegen lassen.
Pastor Melzer-Lützschena hielt die Trauerrede. Unsere Bilder zeigen die
Leidtragenden auf der Schlosstreppe und den Trauerzug.