7. Juni 2009: Europa- und Kommunalwahlen

Freie Wahlen – Ausdruck lebendiger Demokratie

 

Zur Bedeutung der Wahlen und zu ihren Vorbereitungen sprachen wir mit der stellvertretenden Wahlleiterin der Stadt Leipzig, Dr. Ruth Schmidt. Seit 1991 ist sie als Abteilungsleiterin im Amt für Statistik und Wahlen tätig.

 

Auen-Kurier: Frau Dr. Schmidt, in diesem Jahr häufen sich die Wahlen in unserem Lande. Die ersten finden in Sachsen am Sonntag, 7. Juni statt. Welche Aufgaben erwachsen an diesem Tage den Wählern in der Stadt Leipzig?

 

Dr. Schmidt: Es werden am 7. Juni die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland für das Europäische Parlament gewählt. Gleichzeitig finden in Sachsen die Kommunalwahlen statt. In der Stadt Leipzig wird dabei ein neuer Stadtrat gewählt. Die Wähler von Lützschena und Stahmeln bestimmen außerdem –wie auch in den anderen zur Stadt gehörenden Ortschaften – für die nächsten fünf Jahre die neue Zusammensetzung ihres Ortschaftsrates. Für den 30. August 2009 ist dann die Wahl zum Sächsischen Landtag festgelegt. Schließlich stehen am 27. September die Mitglieder des Deutschen Bundestages zur Wahl. Sie sehen, die Wähler haben 2009 ein „Superwahljahr“ zu absolvieren.

 

Auen-Kurier: Wer ist wahlberechtigt?

 

Dr. Schmidt: Dazu möchte ich auf die Bestimmungen des Wahlgesetzes verweisen. In Deutschland besitzt jeder deutsche Staatsbürger das aktive Wahlrecht, das heißt, er kann bei einer Wahl seine Stimme abgeben, sofern er das 18. Lebensjahr vollendet hat, seit mindestens drei Monaten im Wahlgebiet wohnt oder sich gewöhnlich dort aufhält und nicht auf Grund gesetzlicher Regelungen vom Wahlrecht ausgeschlossen ist. An der Wahl des Ortschaftsrates kann nur teilnehmen, wer drei Monate in der Ortschaft wohnt. Ausländische EU-Bürger sind bei der Stadtrats- und Ortschaftsratswahl den deutschen Wahlberechtigten gleichgestellt und können unter bestimmten Voraussetzungen auch an der Europawahl in der Bundsrepublik Deutschland teilnehmen.

 

Auen-Kurier: Was muss der Wähler vom Wahlablauf wissen und dazu beachten?

 

Dr. Schmidt: Bei den Wahlen am 7. Juni werden bei der Wahl zum Europaparlament ausschließlich nur die von den zugelassenen Parteien über die jeweilige Liste vorgeschlagenen Kandidaten gewählt. Bei den Kommunalwahlen indessen werden auch Kandidaten von Wählervereinigungen zugelassen. Direktmandate gibt es bei der Europawahl und den Wahlen der Abgeordneten des Stadtrates und des Ortschaftsrates nicht. Bei der Stadtratwahl und der Ortschaftsratswahl hat jeder Wähler drei Stimmen, die er Bewerbern seiner Wahl geben kann. Mehrere Stimmen  für den gleichen Bewerber abzugeben, wird Kumulieren genannt, das Verteilen der Stimmen auf Bewerber unterschiedlicher Parteien oder Wählervereinigungen heißt Panaschieren.

 

Für Bürger, die am Wahltag verhindert sind, ermöglicht die Briefwahl an der Wahl teilzunehmen. Die Briefwahlunterlagen werden dem Bürger auf dessen Antrag, den er auch per E-Mail stellen kann, übergeben bzw. zugesandt. Die Briefwahl selbst geschieht in der Regel so, dass das auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigungskarte aufgedruckte Formular ausgefüllt und im Briefumschlag an die zuständige Gemeindebehörde geschickt wird. Es besteht auch die Möglichkeit, die Stimmzettel in der Briefwahlstelle auszufüllen und abzugeben.

Wichtig ist auch die Wahlbenachrichtigungskarte, die jedem wahlberechtigten Bürger bis zum 21. Tag vor der Wahl zugeschickt wird. Sie zeigt ihm an, dass er im Wählerverzeichnis eingetragen ist, und sie nennt sein zuständiges Wahllokal. Das Ausbleiben der Wahlbenachrichtigung kann ein Hinweis darauf sein, dass man nicht im Wählerverzeichnis erfasst ist. In diesem Falle sollte man umgehend Kontakt mit der Wahlbehörde aufnehmen.

Im übrigen bitte ich alle Wähler, die gesetzlich vorgeschriebenen amtlichen Bekanntmachungen zur Wahl im Amtsblatt der Stadt Leipzig aufmerksam zu verfolgen. Am 9. Mai werden dort auch die zugelassenen Wahlvorschläge bekannt gemacht.

 

Auen-Kurier: Können Sie bitte nochmals näher auf die Wahl zum Ortschaftsrat eingehen?

 

Dr. Schmidt: Im Melderegister der Stadt Leipzig sind für Lützschena und Stahmeln mehr als 4000 Einwohner verzeichnet. Wahlberechtigte gibt es dort nach unserer derzeitigen Information rund 3.500. Die Hauptsatzung der Stadt Leipzig sieht vor, dass Ortschaften mit 4000 bis 7000 Einwohnern sieben Ortschaftsräte wählen, das trifft für die Ortschaft Lützschena-Stahmeln zu. Jeder Wahlvorschlag der Parteien und der Wählervereinigungen kann bis zu 11 Bewerber enthalten. Die Aufgaben des Ortschaftsrates sind im § 27 der Hauptsatzung der Stadt Leipzig enthalten.

 

Auen-Kurier: Warum ist es so wichtig, dass jeder wahlberechtigte Bürger zur Wahl geht und von seinem Stimmrecht Gebrauch macht?

Dr. Schmidt: In unserer Geschichte bedurfte es langer Kämpfe, bis die Bürger ihr Recht auf demokratische, geheime Wahlen erhalten hatten. Es wäre daher bedauerlich, wenn dieses schwer errungene Bürgerrecht durch das Fernbleiben von der Wahl missachtet würde. Schließlich ist die Teilnahme an den Wahlen ein kaum aufwändiges, aber wirksames Mittel, die eigene Meinung zur Grundrichtung der Politik auszudrücken. Natürlich sollte man sich vorher mit den Wahlprogrammen der Parteien und Wählervereinigungen beschäftigen, die sich zur Wahl stellen. Das kostet zwar etwas Zeit, aber die lohnt sich.

Die Kommunalwahl hat in diesem Zusammenhang noch die Besonderheit, dass mit der Stimmabgabe die Zusammensetzung des Stadtrates und des Ortschaftsrates und ihre unmittelbar „vor unserer Haustür“ ablaufende Arbeit beeinflusst werden können. Viele Bürger engagieren sich dankenswerterweise bereits bei der inhaltlichen Gestaltung des gesellschaftlichen Lebens. Jeder Bürger muss selbst etwas tun, muss sich mit verantwortlich fühlen für das Gemeinwohl, und das insbesondere auch durch seine Wahlbeteiligung.

 

Auen-Kurier: Frau Dr. Schmidt, vielen Dank für das Gespräch

 

(Erstveröffentlichung des in der vorliegenden Fassung überarbeiteten und aktualisierten Textes im Auen-Kurier 05/04 vom 7. Mai 2004, Seite 2)