Im
Archiv des Heimatvereins gestöbert
Auszug aus: Neue Leipziger Zeitung vom 12.6.1937
Lützschena-
ein Ausflugsziel der Leipziger
Am
Rathaus sind schöne neue Anlagen entstanden. Die am Rathaus weiterführende Straße
trägt den Namen „Am Brunnen.“ Sie führte tatsächlich seit mehr als einem
Jahrhundert an einem Brunnen vorbei. Weil sein Wasserspiegel im Laufe der Zeit
mehr und mehr zurückging und er infolgedessen keinen praktischen Wert mehr
hatte, wurde er schließlich abgedeckt.
In diesem Zusammenhang finden
wir folgende Aktennotiz:
Betr. den ehemaligen Hänicher Brunnen, welcher sich auf dem jetzigen Rathaus
Vorplatz befunden hat (Abschrift)
Rathaus Lützschena, den 14. Januar 1936
Vor einigen Tagen frug mich
der in Lützschena, Am Brunnen Nr. 11 wohnhafte Zimmermann Max O e r t el ,
ob Aussicht bestehe, daß der alte Hänicher
Brunnen in irgend einer Form wieder erstehen könne. Ich habe Oertel davon
unterrichtet, daß
auf Grund der bisherigen
Beobachtungsergebnisse wenig Aussicht vorhanden sei, den Brunnen wieder
erstehen zu lassen, obwohl die Absicht anlässlich der Herrichtung des
Rathaus-Vorplatzes bestanden habe. Der fragliche Brunnen ist freigelegt und der
Wasserstand einige Wochen beobachtet worden; es musste jedoch festgestellt
werden, daß der Wasserstand anhaltend 1,30 bis 1,50m
unter der Erdoberfläche blieb.
Bei diesem Sachstand habe es
selbstverständlich keinen Zweck, den Brunnen in irgend einer
Form wieder erstehen zu lassen.
Oertel bedauerte dies und
regte im Laufe der Unterhaltung folgendes an:
Wenn der alte Hänicher Brunnen infolge seines niedrigen Wasserstandes
nicht wieder erstehen könne, so möge er doch wenigstens durch ein sinnfälliges
Bauwerk angedeutet werden. Er (Oertel) sei bereit, im Wege der Stiftung jedes
Jahr einen seinem Einkommen entsprechenden Betrag an die Gemeindekasse
abzuführen; die Beträge sollen hier
gesammelt und - wenn sie ausreichend sind – zur Erstellung
des Brunnens Verwendung finden. Er werde versuchen, noch mehrere heimattreue
Einwohner für den Gedanken zu interessieren. Den ersten Spendenbeitrag wolle
er, sofern seine Anregung bei der Gemeindeleitung Gegenliebe findet, schon in
den nächsten Tagen einzahlen.
Nachrl. Bürgermeister
Als
die Gemeinde Lützschena Eigentümerin des Grundstücks Am Brunnen 4 wurde und
dieses nunmehr zum Rathaus umgebaut wurde, stand auch fest, daß
der bisher grasbestandene Vorplatz ein anderes Gepräge erhalten sollte. Wo sich
bisher Gänse und Hühner getummelt hatten, sollte eine schöne Anlage erstehen.
Heimattreue Einwohner waren es, die bei dem Beginn der Umgestaltung des Platzes
die Möglichkeit erörterten, den alten Dorfbrunnen in irgendeiner Form wieder
erstehen zu lassen. Die Beigeordneten, Geheimräte und die Bürgermeister
entschlossen sich, eine Brunnenfigur zu stiften. Sie ist an die Wasserleitung
angeschlossen. Der Überlauf wird in den alten Dorfbrunnen geleitet. Der
Rathausvorplatz ist nunmehr anlagenmäßig hergerichtet, sein Kernstück ist die
von bunten Blumen und Rosen umrahmte, wirklich schöne Brunnenanlage. Ein bisher
unansehnliches Stück Wiese ist
verschwunden und hat einem Schmuckplatz Raum geben müssen, und Altes ist in
neuer Form wiedererstanden. Obendrein hat die Straßenbezeichnung „Am Brunnen“
Wirklichkeit erhalten, während sie bisher nur etwas andeutete.