Kunstwerk aus Lützschena gerettet!

 

Der Maler und Grafiker Karl-Heinz Häse, geboren am 9. Februar 1925 in Schkeuditz, lebte viele Jahre bis zu seinem Tode am 26. März 2000 in Lützschena. Nach Abschluss seiner Ausbildung an der Leipziger Fachschule für angewandte Kunst im Jahre 1948, wo ihn solche Altmeister wie Max Schwimmer prägten, war er als Zeichen- und Fachlehrer an  verschiede-nen Schulen seiner Heimatstadt tätig. Seit 1952 arbeitete er freischaffend und schuf eine Vielzahl von Ölgemälden und Aquarellen. Zu seinem hauptsächlichen Schaffensgebiet wurde jedoch die baugebundene Kunst. Dabei kam ihm die Tatsache zugute, dass in der DDR per Gesetz festgelegt war, dass 1,5 % der für öffentliche Gebäude und volkseigene Betriebe aufgewandten Investitionssumme für Kunstwerke zu verwenden sei. Karl-Heinz Häse nutzte diese Chance und arbeitete von 1952 bis 1989 an ca. 50 Großprojekten für Kindergärten, Schulen, Rathäuser, Institutionen und Betriebe.

 

Ein solches Werk wurde vom damaligen VEB Exportbrauerei Sternburg in Lützschena in Auftrag gegeben und 1980 fertig gestellt. Das Wandbild fand in der Steuerzentrale des Sud-hauses seinen Platz. Als jedoch die Brauerei verkauft wurde und man danach alles Verwertbare aus ihr entfernte und die neuen Eigentümer ihre Gebäude dem Verfall preisgaben, da war auch das Wandbild dem Untergang geweiht. Der Initiative des früheren Technischen Direktors Rolf Schubert ist es zu danken, dass das Kunstwerk geborgen und mit Unterstützung des damaligen Lützschenaer Bürgermeisters Detlef Bäsler in unserem Bauhof eingelagert werden konnte. So war es vor Verfall und unbefugtem Zugriff geschützt.

 

Nachdem es fast 17 Jahre im Verborgenen lag wollte es Herr Schubert dem Vergessen entreißen und wünschte sich, dass das Bild an einen angemessenen Platz gelangt. Deshalb nahm er Kontakt auf mit dem Leipziger Brauhaus zu Reudnitz und fand bei dem dortigen Leiter Abfüllung Uwe Noack Gehör. Zuerst wollte man es im „Sternitreff“ anbringen, dem Fanlokal der Freunde von Sternburg Bier. Weil der Raum allerdings zu klein war, das Bild dort auch unmöglich hinein gepasst hätte, entschloss man sich, es nach seiner Restaurierung in dem modernen Sudhaus in der Mühlstraße 13 auszustellen. Dort ist es nun dauerhaft zu sehen, ein wahres Meisterwerk!

 

 

Auf braunen hölzernen Grundplatten sind Tafeln aus verschiedenen Metallen angebracht, auf denen der Künstler symbolhaft die Herstellung des Bieres darstellte. Links sieht man Hopfen und dann Gerste als Ausgangsstoffe für den Brauprozess, dann in der Mitte das Logo der Sternburg-Brauerei in Lützschena. Rechts schließt sich eine Tafel an, auf der eine Sudpfanne als Teil der Produktionsausrüstung und Flaschen als Endprodukt der Arbeit erkennbar sind. Ganz rechts sind zwei längliche Gebilde zu sehen, zylindrisch-konische Gärgefäße. Bei der öffentlichen Vorstellung des Bildes am 12. August 2010 sagte Elmar Barlet, der Leiter der Werksabteilung, in der das Sternburg-Bier heutzutage hergestellt wird: "Mit dem Wandbild erhält die Sternburg-Biermarke ein Stück ihrer Heimatidentität zurück." Nun wissen aber alle Lützschenaer oder gar jene, die hier in der Brauerei gearbeitet haben, dass das Sternburg-Bier seine Heimat nicht in Reudnitz, sondern in Lützschena hat und dort eng mit dem Ort und dem Rittergut verbunden war. Auch wenn man in Reudnitz diese Marke erworben hat und davon kräftig profitiert, das Sternburg-Logo über den Sudpfannen kann nicht ersetzen, dass hier ein traditionsreiches Unternehmen zugrunde ging und viele Menschen ihren Arbeitsplatz verloren.

 

Wenn nun dieses Kunstwerk nicht mehr in seiner eigentlichen Heimat ist, so gibt es doch in unserer Ortschaft und seiner Nähe noch einige Arbeiten von Karl-Heinz Häse zu sehen. Da ist zuerst das Gebäude Hallesche Straße 180 in Lützschena zu nennen, in dem sich früher eine KONSUM-Verkaufsstelle befand, für die er 1974 ein Sgrafitto mit der Darstellung von verschiedenen Lebensmitteln schuf. Später hat er es koloriert, so dass es in seiner Wirkung noch eindringlicher und plastischer wirkt. Heute beherbergt das Haus einen Lebensmittel-handel, betrieben von der Familie Lissek, die großen Wert darauf legt, dass das Bild erhalten bleibt, auch wenn es nicht in die Denkmalliste der Stadt Leipzig aufgenommen wurde.

 

 

Weitere zwei Sgrafittos mit Motiven aus dem Sport, von Häse 1972 geschaffen, befinden sich an der Turnhalle in der Pestalozzistraße im Schkeuditzer Ortsteil Papitz. Und wenn sie in das Gewandhaus in Leipzig gehen, dann haben sie schon am Eingang das erste Kunsterlebnis wenn sie die Türgriffe berühren, denn sie wurden auch von ihm gestaltet. Hoffen wir, dass die Zeugnisse des reichen Schaffens eines unserer Lützschenaer Mitbürger geschützt werden und so unseren Nachfahren erhalten bleiben. Das ist wohl die beste Art, um Karl-Heinz Häse für seine Arbeit zu danken und ihn zu ehren.

 

Text und Fotos: Horst Pawlitzky