10 Jahre neue Bundesstraße 6

In der ersten Juliwoche 2002 wurde ihr Abschnitt zwischen der Autobahn-Abfahrt Großkugel auf Schkeuditzer Flur und der Pittlerstraße im Nordwesten Leipzigs feierlich zur Nutzung freigegeben. Damit ging auch der Wunsch vieler Einwohner von Lützschena-Stahmeln in Erfüllung, nämlich den belastenden Durchgangsverkehr in ihrer Ortschaft um ca. 40 % zu verringern, denn bisher verkehrten hier täglich 14.200 Kraftfahrzeuge. Bis dahin war es allerdings ein langer Weg, der viel Geduld und manch zähe Verhandlung erforderte. So war zunächst unklar, ob die neue vierspurige Straße in unserer Ortschaft nördlich oder südlich der Eisenbahnstrecke Leipzig-Halle verlaufen sollte. Hier hat sich der damalige Gemeinderat mit guten Argumenten dafür eingesetzt, dass die Straße nun ihre jetzige Lage erhielt. Das erforderte aber auch, das Bahngelände am Rangierbahnhof Wahren zu kreuzen, um weiter zur Pittlerstraße zu gelangen. Der Gemeinderat sprach sich einmütig für eine Tunnellösung aus, was zu einer geringeren Lärmbelastung der Anwohner und keiner Beeinträchtigung des Landschaftsbildes geführt hätte. Aber während man noch darüber redete war die Brücke zum KLV-Terminal bereits fertig gestellt.

Nach dem 1. Spatenstich im Herbst 1988 wurde die ca. 10 km lange Strecke in 42 Monaten gebaut. Ausgelegt ist sie für eine Belastung von 22.000 Fahrzeugen je Tag und für ihren Bau wurden 120 Millionen DM aufgewandt, davon ein Drittel für die 6 Brücken. Der Planfest-stellungsbeschluss vom Oktober 1988 wurde vollständig umgesetzt. Wegen der Versiegelung einer Fläche von 163.000 m² mussten zum Ausgleich dieses Natureingriffs 2,6 Millionen DM verwendet werden, um an verschiedenen Stellen Gehölze anzupflanzen, Durchlässe für Kleinsäuger und Amphibien unter der Straße zu schaffen, seltene Pflanzen umzusiedeln und Unterschlüpfe für Fledermäuse zu ersetzen. Mehrere Regenrückhaltebecken zur Straßenent-wässerung schützen bei Starkregen vor drohenden Überflutungen der Ortschaften. Von den Brücken verdienen jene beiden, die sich in der Ortslage Lützschena befinden, aber besondere Erwähnung.

Da ist zum einen die Brücke, auf welcher das Anschlussgleis für das Porsche-Werk von der Hauptstrecke über die neue B 6 verläuft. Für den Brückenbau konnte es nicht für eine längere Zeit stillgelegt werden, weil das Werk einen großen Teil seiner Zulieferungen über die Schiene erhält und die fertigen Fahrzeuge per Bahn ausliefert. Deshalb baute man die Brücke in einer Grube neben dem Gleis, unterbrach dieses nur für wenige Tage und verschob die fertige Brücke um 70 m an ihren endgültigen Standort, eine technisch interessante Sache. Auf zwei Betonstreifen wurde sie hydraulisch bewegt, wobei ein Luftpolster zwischen ihnen und den beiden Stützen der Brücke das leichtere Gleiten ermöglichte.

Eine weitere Besonderheit ist die Brücke, welche mit einer Spannweite von 280 m über die Gleise des Bahngeländes nördlich von Lützschena führt. Entsprechend der früheren oder künftig vorgesehenen Lage der Gleise ruht sie auf Pfeilern, welche die sieben Segmente mit Längen zwischen 20 m und 76 m tragen. Die Pfeiler selbst sind schwimmend auf Großbohr-pfählen mit einem Durchmesser von 1,20 m gegründet. Der Brückenkörper selbst wurde im Taktschiebeverfahren hergestellt, was bedeutet, dass die einzelnen Segmente nicht an ihrem künftigen Platz mit Hilfe von Schalungen hergestellt wurden, sondern im Vorfeld der Brücke. Von dort wurden sie nach ihrer Fertigstellung mit Hydraulikzylindern auf die Pfeiler geschoben. Sie sind als Spannbetonbalken mit U-förmigem Querschnitt ausgeführt, die durch vorgespannte Seile miteinander verbunden sind. Zusätzliche Spannelemente sind in dem Innern des Troges über Umlenksättel angeordnet, welche im Bild deutlich zu sehen sind. Die Projektierung der 6,7 Millionen € teuren Brücke lag in den Händen der Hyder SEB Ingenieure GmbH in Würzburg, von der auch das Foto stammt.

Über den Bau des Streckenabschnitts, der nun Neue Hallesche Straße heißt, wurde im „Auen Kurier“ in den Ausgaben vom August 2000, Mai 2001 und Juni 2002 schon ausführlich berichtet. Wer nicht mehr im Besitz der gedruckten Exemplare ist, der kann diese Beiträge im Internet auf der Homepage unserer Ortschaft unter der Adresse www.luetzschena-stahmeln.de gern nachlesen.

Horst Pawlitzky