Durchwachsenes Storchenjahr

Einsam thront das Lützschenaer Storchennest über dem Ort. Vielleicht wird es bald eine Schneehaube tragen. Zeit für einen Rückblick über das vergangene Storchenjahr:

Seit 1995 ist der Horst auf dem Schornstein der Gärtnerei Gordelt in Lützschena ohne Unterbrechungen besetzt. Nicht immer wurden Junge aufgezogen. Aber mit insgesamt 32 ausgeflogenen Jungvögeln kann sich die Lützschenaer Storchenbilanz durchaus sehen lassen. Wie auch 2001 und 2002 war 2012 mit vier Jungvögeln ein Rekordjahr.

Traurig dagegen sind die Modelwitzer. Mit ihrem Horst begann 1991 die Wiederbesiedelung der nordwestlichen Elster-Luppenaue. Jetzt scheint ihm „die Puste auszugehen“. Denn 2008 wurden letztmalig Junge aufgezogen. Danach blieben Adebars kinderlos. In diesem Jahr war der Horst wie auch 2009 unbesetzt.

In der Schkeuditzer Mühlstraße dagegen geht’s wieder aufwärts. Nachdem 2005 bis 2008 die Störche „einen Bogen um Schkeuditz flogen“, werden seit 2009 dort wieder junge Adebare gemacht. Dieses Jahr wären es vier gewesen. Aber ein halbwüchsiger Storch ist im Nest verendet. Die Störchin trägt einen Ring der Vogelwarte Hiddensee und ist Schkeuditz seit 2011 treu. Auch wieder 2013? Dann würde sie eine sanierte Wohnung vorfinden, denn der baufällige Schornstein wird teilweise abgetragen und ein neuer aufgebaut. Zum Schkeuditzer Stadtfest standen Adebars im Brennpunkt der Diskussion ums abschließende Feuerwerk. Während der Brutzeit ist nämlich das Zünden von Knallkörpern und Raketen nur bei Einhaltung eines Mindestabstandes von 500 m um die Storchenkinderstube gestattet. Aus gegebenem Anlass, denn schon mehrmals sind in Sachsen Bruten durch die Flucht der Altvögel vor Knallerei und Feuerwerk verloren gegangen bis hin zum Abbrennen eines Storchenhorstes durch verirrte Raketen. Und so verzichteten die Schkeuditzer zugunsten ihrer Störche auf das Feuerwerk.

Mit dem Horst in Lützschena ist der in Wehlitz „am produktivsten“. Als 1997 auf dem Schornstein in der Ermlitzer Straße eine Nisthilfe aufgesetzt wurde, dauerte es noch zwei Jahre, ehe die Störche gleich mit vier Jungen den Kindersegen eröffneten. Mit den drei Jungvögeln 2012 starteten bisher 33 Jungadebare zum Vogelzug in wärmere Gefilde. Ein 2008 in Wehlitz beringter Jungvogel „wohnte“ 2011 sogar nahe seiner Geburtsstätte in Modelwitz.

Am höchsten über der Aue nisten seit 2002 die Störche in Dölzig. 36 m hoch ist der Industrieschornstein am Elster-Saale-Kanal. Seit 2010 ist ein Storch mit einem Ring der Vogelwarte Radolfzell (Bodensee) dort Brutstorch. Brüten wollte er auch in diesem Jahr nun schon zum dritten Male. Aber – als er von seiner großen Reise Ende April zurückkam, war sein Horst schon besetzt. Es entwickelten sich lang andauernde Storchenkämpfe um den Horst. Wahrscheinlich deshalb blieb das nun etablierte Paar kinderlos.

In Kleinliebenau ist eine dauernde Ansiedlung des Weißstorches bisher nicht gelungen. Die 2005 neben dem Gasthof angebrachte Nisthilfe wird gelegentlich durch Störche besucht. Ein erster hoffnungsvoller Brutversuch endete 2010 mit zwei nicht ausgebrüteten Eiern. Wahrscheinlich wurde das Storchenpaar durch das Abbrennen von Knallkörpern am Horst vergrämt.

Rätsel gab in diesem Jahr der Horst in Knauthain in der südlichen Elsteraue auf. Bei der Beringung der drei Jungvögel wurden noch vier Eier z. T. randlich außerhalb der Nestmulde vorgefunden. War das eine Zweitbrut? Ist das erste Storchenpaar mit seinen Eiern unbeobachtet durch ein zweites verdrängt worden?
Die Horste in Knauthain und in Lützschena sind momentan die einzigen Brutstätten des Weißstorches im Stadtgebiet Leipzigs.

Nachdem die Ansiedelung in Lindenthal im Jahre 2011 durch den Absturz des Schornsteinkopfes abrupt beendet wurde, mieden Adebars in diesem Jahr erst einmal die neu errichtete Nisthilfe. Die Anwohner hoffen auf 2013!

Auch in Plaußig gab es ein neu saniertes Storchennest. Anlass war der Bau einer Kindertagesstätte am Fuße des Schornsteines der ehemaligen Gärtnerei Reucher. Babybringer Storch oben und Kindergarten unten – das passt! Es wurde hoch über Plaußig schon einmal zur Probe geklappert. Aber auch hier, - Hoffnung auf 2013.
Ulf Eisvogel/22.11.2012

Lützschena

Dölziger Storchenbabys 2011Foto: E. Klingner

Neuinstallation der Nisthilfe in Plaußig im Frühjahr 2012 Foto: Johanniter