Hänicher Mühle in Lützschena vor Abriss bewahrt

Die Hänicher Mühle hat eine lange Geschichte. Im 6. Jahrhundert kamen die Sorben (ein westslawischer Volksstamm) in unsere Gegend und besiedelten das Gebiet der unteren Weißen Elster. Aus dem Sprachschatz der Sorben stammen unsere Ortsnamen. Modelwitz (Ort in feuchtem Gelände) und Quasnitz (Siedlung auf saurem Boden) heißen heute noch so. Zwischen diesen Orten wurde ein neuer Ort, ein kleiner Hagen, angelegt. Im Jahr 1337 hieß diese Ansiedlung Heynigen, 1431 Heynichen, später dann Hainichen. Im 11./12. Jahrhundert lebten Christen hier. Aus dieser Zeit sind die ersten Erwähnungen der Kirche in Hänichen, 1321 wird eine Kirchweihe in Hänichen erwähnt. Im Jahre 1537 wurden die Kirchgemeinden Lützschena und Hänichen vereinigt. Fast 400 Jahre später, nämlich 1929, vereinigten sich Hänichen, Quasnitz und Lützschena zur Gemeinde Lützschena. Die Hainkirche St. Vinzenz gehört inzwischen wie Hänichen selbst zu Lützschena.
Wenn die Menschen eine Kirche bauten, ist es naheliegend, dass auch eine Mühle hier Bestand hatte. Belegt ist die Wasserstelle der Hänicher Mühle schon im 15.Jahrhundert. Ein großer Brand soll vorausgegangen sein, danach wurde die Hänicher Mühle 1921 modern wieder aufgebaut. Der Müller Mielke verkaufte im März 1925 die Hänicher Mühle an die Stern-Brotfabrik in Leipzig-Eutritzsch. Von 1980 bis 1991 diente das Mühlengebäude als Wohnheim für Ausländer. (Alles nachzulesen in den Böhlitzer Heften bzw. in der Broschüre Lützschena Pro Leipzig 1999).
Anfang der 1990-er Jahre erwarb das Ehepaar Stanuschewski (Besitzer von Schlobachs Hof) neben anderen Grundflächen in Lützschena auch das Gebiet um die Hänicher Mühle. Damals gab es ein Planvorhaben für das Gebiet um die Mühle und die Mühle selbst. Aber es tat sich nichts. Die Mühle dümpelte vor sich hin. Niemand wollte investieren. Das Mühlengebäude war dem Verfall hingegeben. Sogar der Abriss war schon geplant. Die Mühle aber wartete auf einen couragierten Bauherrn, der sich des Schicksals der baufälligen Mühle annehmen sollte.
Und dann kam er: Herr Vasyl Senyuk aus der Ukraine besuchte 1997 seine Verwandten in Leipzig. Er durchstreifte die Auenlandschaft und fand es sehr schön, hier zu leben. Im Jahr 1999 zog er nach Leipzig. Herr Senyuk hat in St. Petersburg Malerei und Restauration studiert. In Leipzig fand er bald Arbeit als Restaurator. Immer mehr vertiefte er sich während seiner Arbeiten in die bauliche Gestaltung und Verschönerung alter Gebäude. Im Jahr 2003 gründete er die IKS Immobilien Komplett Service GmbH und ist jetzt Geschäftsführer dieser Immobilien GmbH. Herr Senyuk kaufte von Familie Stanuschewski ein Grundstück in der Nähe der Mühle für sein Wohnhaus. So hat er jahrelang beobachtet, wie sich eventuelle Käufer für das Mühlengrundstück interessierten. Aber keiner hatte den Schneid dazu, Kraft und Geld zu investieren.
In seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Immobilien GmbH, die ihn sehr beruflich befriedigt, fand er auch endlich Gefallen an der verkommenden Mühle. Im Dezember 2011 war Familie Stanuschewski bereit, das Mühlengrundstück zu verkaufen. Im Februar 2012 war der Besitz in die Immobilien GmbH übergegangen. Im April 2012 begann die Sanierung des Mühlengebäudes. Aber das war nicht so leicht. Die Mühle sollte ein modernes Wohnhaus werden. Elegante Eigentumswohnungen sollten entstehen. Im gesamten Gebäude sind acht Wohnungen in der Größe von 110 m2 bis 150 m2. Jede Wohnung hat den Ausblick auf die Weiße Elster. Obwohl 1934 die Bauarbeiten zur Regulierung des Hochwasserschutzobjektes Luppe-Weiße Elster begonnen hatten, behielt die Weiße Elster am Standort der Mühle ihren natürlichen Flussverlauf. Dort ist weiterhin das Wasserkraftwerk, welches durch einen anderen Besitzer eigenständig betrieben wird. Die vom anliegenden Wasserkraftwerk ausgehenden Geräusche mussten bei der Sanierung sehr beachtet werden. Schließlich soll Hochwasser- und Lärmschutz für die neuen Bewohner der Mühle oberstes Gebot sein. Dazu waren hochwertige schalldichte energiesparende Fenster erforderlich und die Verfüllung der Tiefkeller.
Der Denkmalschutz hatte keine besonderen Bedingungen für den Ausbau des Mühlengebäudes gestellt. Nur die Fassade des Gebäudes sollte erhalten bleiben. Das Dach der Mühle erforderte eine völlig neue Konstruktion für die Innenstatik des Gebäudes. Holzstützen im Inneren des Gebäudes mussten abgetragen und durch Stahlstützen ersetzt werden. Für das ganze Haus wurde eine zentrale Gasheizanlage im Erdgeschoss errichtet, das ist platzsparend für jede Wohnung. Jede Wohnung hat eine eigene Messstelle für den Gas- und Stromverbrauch. Außer der zentralen Heizanlage verfügt jede Wohnung über einen Kamin. Im Erdgeschoss wurde separat für jede Wohnung ein geräumiger Kellerraum angelegt. So können Kinderwagen und Fahrräder mühelos untergebracht werden. Jede Wohnung ist über den Lift zu erreichen. Die Erdgeschosswohnung ist barrierefrei, also auch für Rollstuhlfahrer zu nutzen. Jede Wohnung hat entweder einen großen Balkon oder eine großzügige Loggia. Man sieht also von jeder Wohnung auf die Weiße Elster und die schöne Auenlandschaft.
Der Bezug der Eigentumswohnungen soll im Herbst 2013 möglich sein. Jeder Interessent für eine der Wohnungen ist willkommen. Die Zahlung der Wohnung erfolgt erst nach deren Fertigstellung. Interessanterweise ist die oberste Wohnung (Dachgeschoss) schon vergeben. Für die neuen Bewohner in der Hänicher Mühle in Lützschena ist auch eine Bootsanlegestelle an der Weißen Elster vorgesehen, Paddeln und Rudern ist also möglich. Die Rasenpflege und Schneeberäumung erfolgt durch die Hausverwaltung.
Die Hänicher Mühle schreibt 2013 eine neue Geschichte.
Mit Herrn Senyuk sprach Frau Dr. Neumann vom Auen-Kurier.