An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom 2. Teil des Dezembers 1839 - vor 175 Jahren - fort:
Die dießjährige Todtenfestfeier (8. Decb.) war (Vormittags zu Lützsch.)
für mich besonders auch sehr schmerzhaft: mein einziges, liebes Kindlein
war ja unter den 29 Verstorbenen der hiesig. Gemeinde u. deren 19 Kindern!
Doch predigte ich selbst, mit Gottes Hülfe, 2mal; doch mit vielen Thräunen
der theuersten Erinnerung weihe ich oft noch das Andanken an das entschwundene
Glück.
Aus gleichem Grunde konnte auch die dießjährigen Weihnachtsfreuden - Viele
theilten sie wieder mit uns - nicht so ungetrübt seyn wie vordem. Wie unaussprechlich
glücklich war ich voriges Jahr, als ich mein Reschen auf Vaterarm u. an
Vaterbrust von einer Bescherung zur andern trug!
Der mit dem 16n. Decbr. gefallene 4te. Schnee, dem am 19.ej[usdem = lat.
des Monats d.Ü.]. eine Morgenluft von 8° Kälte folgte, thaute schon seit
dem 21n. gänzlich wieder weg, u. milde Frühlingslüfte empfingen die heilige
Geburtsnacht. Den grünen Weihnachten folgte ein ähnliches Jahresende; feuchte,
zum Theil stürmische Witterung, hielt bis zum Sylvester an, der unserem
Pfarrhause, wie manchem Elternpaare nah und fern, das, gleich uns, im Laufe
des Jahres sein Liebstes verlor, sehr betrübende Rückerinnerungen bereitete.
Uns, wie Vielen in der Kirchfahrt, besonders in d. Gemeinde Lützschena,
nahm Gott geliebte Kinder (18 starben hier, 6 in Hän., 1 in Qu.). Ueberhaupt
wurden 29 Kinder in der Parochie geboren, u. 42 Personen starben (incl.
3 Eisenbahnarbeiter u. 2 todtgeb. Söhne). Die übrigen kirchlichstatischen
Nachrichten dies. J. siehe in den statist. Tabellen!
Sehr merkwürdig wird es bleiben, dieß entschwindende Jahr, nicht nur um
der schon erwähnten Familienunglücksfälle wegen; Wassernoth, Heuverlust,
Epidemie, Obstmangel, mäßige Mittelernte - bezeichnen es auch; und wie hat
sich indeß unser öffentliches Leben durch Einführung der Gemeinderäthe wie
durch Beendigung der Separarions-Ablösungs- u. Eisenbahn-Angelegenheiten
verändert; welche Umgestaltungen dürfen u. müssen wir noch von der Zukunft,
auch vom jetzt wieder versammelten Landtage erwarten!
Eine weise Vaterhand leitet unsere Schicksale - ihr wollen wir sie vertrauend
übergeben!
Dem, der im alten Jahre 1839 viel gegeben u. viel genommen, dem sei Ehre
in Ewigkeit, Amen.