An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag vom Mai / Juni 1841 - vor 175 Jahren - fort:

Uebermorgen habe ich 2 Trauungen, darunter eine schwierige, wegen Ausländer (s. Verlobgsprotokoll. nr. 17) und eine Leipziger, zwischen beiden die angemeldete Taufe eines Kindes, welches die altlutherischen Eltern aus Dürrenberg nach der alten Agende getauft zu haben wünschen, wozu die Erlaubnis ihres geistlichen Vorgesetzten (Ephorie Vicar von Lützen) mitbringen. (P.S. Diese altlutherische Taufe ward unter sichtbar gerührtester Theilnahme der Eltern, Pathen und andrer Freunde dieser Familie, Nagelschmied Korhammer, von mir vollzogen.)
Die Witterung, welche noch am 1. Pfingstfeiertage so schön und warm gewesen, schlug am 27. um, Gewitter zogen nach Tische heran, von starkem Regengusse begleitet, den die vielen Hunderte, welche mit der Eisenbahn aus Leipzig kamen (ihrer sollen an 1.500 gewesen seyn!) sehr zum Theil in Verlegenheit brachte, zumal die Rückfahrt bis nach halb 10 Uhr verspätigt ward.

Juni
trat mit Landregen ein, der erst später nachließ.
Am 2. aber begünstigte der heiterste Himmel unsern vergnügten Wittwencassenconvent in Leutsch. Der Wiesenwuchs ist nicht so, daß sich eine reiche Heuernte erwarten ließe. – Die herrschaftliche Schafwäscheging vor sich [Die Schafwäsche geschah wenige Tage vor der Schur, um die Wolle zu reinigen. Die Schafe wurden in Wasser (Fluss oder Teich) getrieben und die Wolle gereinigt d.Ü.] Man spricht von andernwärts grasierenden schwarzen Pocken.
6. Trinitatis Fest.
Kühlwitterung doch äußerst fruchtbar, da es vorige Nacht einen schönen Regen gab.
NB. Bei der heutigen Abendmahlsfeier in hiesiger Kirche wurden zum 1. Male für die Knaben, welche die Altartüchlein [Das Altartüchlein wurde beim Abendmahl unter das Kinn der Kommunikanten gehalten. d.Ü.] hielten, neue schwarze Mäntel und Baretts ihnen angezogen, welche durch freiwillige Beiträge in Folge eines von mir auf Veranlassung abgefaßten Umlaufschreiben angeschafft und vom hiesigen Schneidermeister und Gemeinderathsmitgliede Zieger verfertigt worden waren (sie kosteten zusammen circa 15 Thaler).
10. Juni.
Seit 3 Tagen haben wir fast anhaltenden Regen, am Dienstag verbunden mit einem Sturme, welcher allenthalben Bäume umgeworfen und die unreifen Früchte in Menge abgeschüttelt hat. Auch die Flüsse schwollen an und bedrohen das schöne Wiesenfutter. Das Getreide leidet auch bei solcher Witterung. So stürmt`s oft auch in dem menschlichen Leben: so eben kehrte ich vom Grab des einzigen 6 ¾ jährigen lieben Sohnes Gustav Schlippe in der Wahrenschen Mühle zurück, welcher am Montage im Mühl-Wehr ertrank, wahrscheinlich als er seinem kleinen angelnden Freund, der zuvor ins Wasser gefallen war, sich aber an einem Pfahl hielt und so gerettet werden konnte, beistehen wollte. Des Herrn Rath ist wunderlich!
Morgen will ich mit meiner Lina, der ihre Umstände dies jetzt noch gestatten, eine Reise nach Hohenstein zu den Geschwistern unternehmen. Gott geleite uns, und beschütze uns, die Gehenden wie die Zurückbleibenden!
den 19. Juni.
Wir sind mit Gottes Hülfe glücklich von unserer 8tägigen Reise zurückgekehrt, und haben wieder die Freuden der verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Ergebenheit wie die der reizenden Natur in den Schönburgischen Landen reichlich genossen. Darum danket dem Herrn!

23. Juni.
Die Heuwitterung war bisher nicht günstig, fast kein Tag ohne Gewitterguß. Die Märznebel [Soviel der März an Nebeln macht, sooft im Juni Donner kracht. d. Ü ] treffen einmal mit Regen und angeschwollenen Flüssen ein. Ein unerwartet sich bildendes Gewitter nöthigte gestern Nachmittag auch uns, noch einige Schober Heu draußen zu lassen.