An dieser Stelle setzen wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag für den Monat Mai 1843 - vor 175 Jahren – fort:

7. Mai.
Die ersten Tage des Mai waren sehr anmuthig und schön; am Abend des 1. zogen infolge der bedeutenden Schwüler sogar Gewitter vom Morgen heran. Heute ist kühle, trübe Witterung eingetreten. Die 1. Meßwoche war daher sehr begünstigt; auch sollen in Tuch und Leder davon außerordentlich. Zufuhr gewesen, bedeutende Geschäfte gemacht worden seyn. Die Baumblüthe ist vortrefflich, und berechtigt zu großen Erwartungen. Auch die Aussicht auf die Getreideernte bleibt noch gut; schon ist aber der Preis guten Land-Roggens: 4 Rt. 13 gg! , und demnach der Weizen billiger zu haben. Desgleichen sind die Fleischpreise sehr hoch.
Die Spitzpocken [= Windpocken d.Ü.], welche, so wie auch natürliche Blattern, bis vor Kurzem nur unsere nähere und ferne Umgegend heimgesucht hatten, sind seit einigen Wochen in unserer Kirchfahrt bei Groß und Klein häufig eingezogen; doch trat nur 1 Todesfall bei einer hiesigen 49 jährigen Ehefrau , welche nicht geimpft worden ist, ein; sie ward, auf obrigkeitliche Verordnung, zwar Abends in der Stille, doch unter vielseitiger Theilnahme begraben, da ich dem Segen, auf den besonderen Wunsch der Hinterlassenen und ihrer entschlafenen Mutter und Gattin, eine kurze Rede vorausschickte, auch unsere Sänger von ferne einige Verse anstimmten.
In Quasnitz sind nun viele Baum- und Pflanzengärten schön eingezäunt und wohl eingerichtet worden, nachdem man den Anger diesseit der Elster separiert und vertheilt hat.
Eine Territorial-Veränderung ist auch von der Lützschenaer Gemeinde vorbereitet worden, indem man im Mai an die Teiche vor dem Dorfe, die ohnehin immer mehr zusammentrockneten, durch Anlegung eines großen Grabens trocken zu legen begann. Freilich wurden die hierauf verwendeten Kosten (an 100 Rt. Arbeiterlohn) durch das große Wasser gefährdet, welches in Folge außerordentlicher Gewitterregen am Himmelfahrtstage, 25. Mai, gegen Nachts, und darauf, unsere Flüsse überfüllte, daß selbst die schönen Auenhoffnungen, dieses Jahres zu sinken anfingen. Bei Greiz, Schleiz, Gera usw. soll es damals leider sogar sehr geschloßt [Schoßen = großer Hagel, d.Ü.] und gehagelt haben! Seit 14 Tagen hatten wir viel Regen, wornach sich Land und Leute so sehr gesehnt.

29. Mai.
Am 24 hujus [Lat. =diesen (Monats) d.Ü.] betraf den gegenwärtigen Besitzer des Dürrschen Guts in Quasnitz, Herrn Universitätsbuchdrucker und Buchhändler [Christian Kilian Wilhelm] Staritz in Leipzig, das große Unglück, seinen letzten Sohn (und das letzte von 6 Kindern!) am schleichenden Fieber im Alter von 20 Jahren, zu verlieren. Er ward am folgenden Abende (Himmelfahrtstunde, eben nicht lang vor Einbruch des gewaltigen Gewittersturms nach 9 Uhr) von hier nach Leipzig abgeführt; doch sangen die Hänicher Schulkinder zuvor am Hause einige angemessene Lieder und Arien.
Fast in demselben Alter wurden vor einigen Jahren zwei andere hoffnungsvolle Kinder, Tochter und Sohn, von den, nun ganz verwaiseten Aeltern abgefordert.
Wir haben, wie die 10 Leichenschau-Scheine (welche vierteljährig an den Bezirks-Physikus, Dr. Wendler in Leipzig, abgegeben werden müssen), beweisen, in diesem Vierteljahr verhältnismäßig viele Todesfälle gehabt – unter ihnen 2 Pockenfälle – Frau Mühlhausen von hier, und ein fast 2jähriger unehelicher Knabe in Hänichen, der wegen Kränklichkeit nicht hatte geimpft werden können.