An dieser Stelle setzen
wir die Abschrift der Chronik mit dem Eintrag für den Monaten September
und Dezember 1844 - vor 175 Jahren – fort:
December
Der 1.-12. December
brachte eine strenge, trockene Kälte bei scharfschneidenden Ostwinde, der
je länger je empfindlicher ward. Dann trat plötzlich ganz milde Witterung
ein. - Die Mäuse belästigen uns jetzt in unseren Wohnungen sehr.
19. December, der
wichtige Tag, an welchem auf einem von unsern Kirchen-Inspectionen auf der
Superintendur zu Leipzig gehaltenen Terminen von den anwesenden (30)
Vertretern unserer 3 Gemeinden
die Auflösung unsrer zeitherigen kirchlichen und Schulverhältnisse
beschlossen wurde;
Lützschena erhält also eine eigene Kirchschule, und der Gottesdienst ist
nicht mehr für die 3 vereinigten Gemeinden, sondern in beiden Kirchen
separat zu halten.
Der Herr helfe, daß
das Werk gelinge, und gebe mir Kraft, die verdoppelten Obliegenheiten
stets vollkommen zu erfüllen!
Nach dem Termine
zog mich unser hochwürdiger Herr Ephorus mit zu seiner Tafel, wo dann
derselbe seinen Gästen manches Interessante über die gegenwärtigen
Jesuitischen Umtriebe außerhalb (Schweiz usw.) und innerhalb Sachsens
(Annaberg, Lausitz, Dresden?) mittheilte und vorlas. Welch eine Bewegung
welch ein erneuerter Kampf der Finsterniß gegen das Licht!
Am 31. December
1844.
Der Sylwesterabend
ist wiedergekehrt, wolkicht und ohne Schnee bei 2° Wärme, nachdem seit 14
Tagen der Frost sich mit schneidendem NO-Winde erneuerte und bis zu 10 und
mehr Graden wohl stieg. Diese stürmisch kalte Witterung mochte wohl mit
Schuld an dem schweren Zahnübel (Zahnweh in Folge hohlen Vorder- und
Oberzahns, Blutgeschwulst) das mich seit 14 Tagen heimsuchte, mir meine
Festarbeiten (durch die heftige und schmerzhafte Spannung in der Oberlippe
und einem Theile des Gesichts) sehr erschwerte (obschon ich mich, da ich
reden konnte und der Hals gut blieb) keinem einzigen meiner Amtsgeschäfte
(Beichte, Predigt, Abdankung, Taufrede – in und nach den Feiertagen)
abhalten ließ – Gott stand mir bei, daß ich Alles wohl ausrichten und auch
die Bescherungsfreuden vorbereiten und genießen konnte! – Schöne
Witterung, mäßige, trockene Kälte bei gutem Wege, begünstigte das Fest;
sehr belebt war der nahe, fast allenthalben ganz zugefrorene Elsterfluß
durch die, auf Schlittschuhen und sonst sich tummelnde Jugend; ach daß sie
nur immer überall sich der nöthigen Vorsicht befleissigen möchte! Bei
Scopau sind jüngst 14 Kinder auf dem Orte, wo Elster und Saale
zusammenfließen, ins Eis gebrochen und auf immer den Ihrigen entrissen
worden!
Der nahende
Jahreswechsel hat mich bereits mit Zusammenstellung der kirchlichen
statistischen Nachrichten beschäftigt, die ich hier summarisch wiedergebe
(siehe die statistischen Acten im Archiv!)
Aufgeboten:
16 Paar,
(1843: 21 P. 1744: 2 P
getraut:
8 “
,
( “
9 “
2 P
geboren:
36 Kinder, (
“ 34
K. =
24 K. (inkl. 2 Zwillingspaare)
confimiert:
16 “
( “
23 “ -
- -
abgespeist:
832 Personen (
“ 868 “
- 24 - (incl. 1
fremd)
begraben:
20 “
(außer 2 Verunglückten und 1 gericht. aufgehob
(
42 “
Blicke ich beim
Ablauf dieses Jahres noch einmal auf dasselbe zurück, so kann ich es gewiß
abermals nicht ohne Dank und Preis gegen den, der über allen Wechsel der
Zeit erhaben ist und sie selbst anordnet, beschließen. Meine Kirchfahrt
wie mein Haus blieb von schwerer Heimsuchung verschont; das Land trug sein
Gewächs; die Macht der Elemente ward nimmer entfesselt. Wichtige
Veränderungen traten ein oder
bereiteten sich vor: nicht mehr brachte, wie sonst, Herr Oertel mit den
Hänicher Sängern den Sylvesterabendgesang, da er zum 1. Male das Jahr im
eigenen Pfarrhause beschließt, und hier ein Schulvikar sein erledigtes Amt
verwaltet. Und wie wird es um`s Jahr aussehen? wenn wieder ein Jahr
vorüber ist, werden wir schon an andere Kirchen- und Schulverhältnisse uns
gewöhnt haben! - Frohe Erinnerungen an die Festtage des August wie an
manche andere Feierstunde dieses Jahres werden nicht mit demselben
entschwinden. – Der Herr der bisher gesegnet und geholfen hat, segne und
helfe weiter – Soli sit deo gloria! [ = lat.: Allein Gott die Ehre! d.Ü.]