Vegetation im Auenwald
Im Jahr 2010 wurde mit einer neuen Waldfunktionskartierung begonnen. Die Auslieferung der Ergebnisse erfolgte im Jahr 2011. Die neue Waldfunktionskartierung unterscheidet sich von der Waldfunktionskartierung der Jahre 1995/96 auch dadurch, dass man sich auf Grund der Kommunal- und Verwaltungsreform bei der Abgrenzung des Gebietes nicht an Eigentumsgrenzen, sondern an die Kreisgrenzen hielt. Das bedeutet, dass die für das Jahr 2011 vorliegenden Ergebnisse für alle Wälder in der kreisfreien Stadt Leipzig unabhängig vom Eigentum gelten. Dadurch sind die zwei Kartierungen (1995/96 und 2010/11) nur bedingt vergleichbar. Da aber 75 % aller Wälder in der kreisfreien Stadt Leipzig der Stadt Leipzig gehören und keine gravierenden Änderungen in der Kartierungsanleitung vorgenommen wurden, ist es möglich, durch Gegenüberstellung der Ergebnisse der beiden Kartierungen eine Tendenz in der Entwicklung zu erkennen.
Landschaftsschutzgebiete
Der größte Teil des Leipziger Stadtwaldes liegt im Landschaftsschutzgebiet
„Leipziger Auwald“ (ca. 1116,7 ha, Gesamtwaldfläche ca. 1900 ha), ausgewiesen
erstmals im Jahr 1959, erweitert im Jahr 1998.
Dieses Landschaftsschutzgebiet umfasst mit seiner Gesamtfläche von ca. 5.900
ha neben den eigentlichen Talauen des Binnendeltas von Elster, Luppe, Pleiße,
Nahle usw. auch einen großen Teil der waldlosen, zum Teil landwirtschaftlich
genutzten, aber auch oft stark bebauten Randlagen, große Teile des nördlich
und westlich des Cospudener Sees rekultivierten Geländes des ehemaligen Tagebaus
Cospuden (einschließlich Teilen des Sees) und den „Bienitz“, eine Endmoränenkuppe
aus der Saale-Eiszeit. Schutzziel ist die nachhaltige Sicherung und weitestgehende
Regenerierung des Landschaftsschutzgebietes mit seiner strukturierten Auenlandschaft,
wie Hartholzaue, Weichholzaue, Altwässer, Altarme, Feuchtwiesen, Röhrichte
und sonstiger wertgebender Strukturen. Der Forstwirtschaft kommt in Bezug
der Erhaltung, Regenerierung und Verbesserung der Waldbestände eine Schlüsselposition
zu, da sie im Augenblick die einzige direkte Einflussmöglichkeit auf Baumartenzusammensetzung
und Bestandesstruktur bietet.
Schon 1994 wurden von Professor Dr. Gerd Müller folgende 12 Thesen zur Erhaltung des Leipziger Auwaldes im Rahmen des 2. Auensymposiums vorgestellt. Diese Thesen sind Bestandteil der naturschutzfachlichen Konzeption des Leipziger Auensystems, angefertigt im Auftrag des SMUL (siehe Tagungsband). 12 Thesen zur Erhaltung, Schutz und Renaturierung des Leipziger Auensystems:
1. Das Elster-Pleiße-Luppe-Auensystem von Leipzig ist durch sein reichhaltiges
Standort-mosaik und seine vergleichsweise einmalige Artenvielfalt mit einem
hohen Anteil an gefährdeten Sippen ein herausragender Naturraum Mitteleuropas.
Seine Erhaltung, sein wirksamer Schutz und die möglichst
weitgehende Regenerierung inzwischen geschädigter Teile müssen das oberste
Ziel der Landschaftsplanung und Landschafts-entwicklung im Gebiet einnehmen.
Dabei müssen die Belange des Naturschutzes in jeder Hinsicht das absolute
Primat haben.
2. Das Leipziger Auengebiet ist als ein geschlossenes naturnahes Biotopverbundsystem
zu behandeln. Zwischen Süd- und Nordwestaue ist unter
den Prämissen des Naturschutzes im Bereich der Nonne, des Clara-Zetkin- Parkes
und des Elsterbeckens ein grüner Korridor zu entwickeln, der die
notwendige Verbindung beider Teile gewährleistet. Weiterhin sind ein organischer
Übergang des Auensystems zum „Eichholz“ Zwenkau herzustellen
und der unmittelbare Kontakt zum geschützten Sächsisch-Anhaltinischen Teil
der Elster-Luppe-Aue zu sichern.
3. Das Landschaftsschutzgebiet“ Leipziger Auwald" ist entsprechend seiner
Bedeutung in vier Bereiche zu gliedern, für die unterschiedliche Behandlungsrichtlinien
zu erarbeiten sind. Es sind:
- der Naturschutzbereich,
- der Erholungsbereich,
- der Rekultivierungsbereich,
- der Siedlungs- und Verkehrsflächenbereich.
4. Das unmittelbare Umland der Aue ist in die Planung und Gestaltung des Auensystems
einzubeziehen, wenn dafür günstige Voraussetzungen bestehen. Möglichkeiten
eröffnen sich insbesondere für die Verbindung zu Zschampertaue mit dem Bienitz
und dem Elster-Saale-Kanal zwischen Burghausen und der Landesgrenze sowie
zu den noch nicht bebauten Teilen des Elsterhangs zwischen Stahmeln und Schkeuditz.
5. Ein weiterer Flächenentzug im Naturschutzbereich durch Baumaßnahmen und
andere gebietsverändernde Maßnahmen ist grundsätzlich zu vermeiden. Jeder
Quadratmeter wäre ein Quadratmeter zuviel! Dringend notwendige neue Verkehrswege,
Rohr- und Kabelverlegungen können nur längs der bereits bestehenden Haupttrassen
(Bahn, Straße) erfolgen. Dabei sind eine Umgrünung mit heimischen Gehölzen
und eine generelle Durchlässigkeit für Ortsveränderungen von Tieren zu gewährleisten.
6. Durch den Bergbau devastierte Auenbereiche sind durch geeignete Planung
und Rekultivierung wieder organisch in die Aue einzugliedern.
7. Zur Revitalisierung der Fließgewässer, ihres langsamen Abflusses, der Erhöhung
des Grundwasserspiegels und der Schaffung kontrollierter
Überschwemmungsflächen mit zeitlicher Begrenzung ist ein geeignetes Gesamtkonzept
zu erarbeiten.
8. Das gegenwärtige Verhältnis von Wald und offenen Auenflächen ist weitestgehend
zu erhalten. Ackerflächen sind zu Gunsten von ein- bis zweischürigen Mähwiesen
oder Wald zu reduzieren. Wasser- und Sumpfflächen sind schrittweise zu erweitern.
Gemeinsam mit den Eigentümern und Nutzern ist ein detaillierter Pflege- und
Entwicklungsplan auszuarbeiten und zu beschließen.
9. Nutzungen jeglicher Art sollten im Naturschutz- und Rekultivierungsbereich
nur aus naturschutzfachlichen Beweggründen durchgeführt werden. Eine
landwirtschaftliche Nutzung kann nur in extensiver Weise erfolgen.
10. Grundsätzlich dürfen sich Naturschutz und Erholung nicht gegenseitig ausschließen. Im Naturschutzbereich kann eine Bildungs- und Naturerlebniserholung gestattet werden. Andere Erholungsformen sind in den Erholungsbereich zu kanalisieren.
11. Der Schutz der Aue und ihrer reichhaltigen Pflanzen- und Tierwelt muss
ein inneres Anliegen der Leipziger Bürger werden. Für diese Zielstellung sollten
sich staatliche und städtische Behörden, insbesondere die Naturschutzbehörden,
Naturschutzverbände, das Naturkundemuseum, issenschaftliche Institutionen,
Medien und engagierte Bürger gemeinsam einsetzen.
12. Zur Bestandsanalyse des Auengebietes ist federführend durch geeignete
wissenschaftliche Institutionen ein floristisch-vegetationskundliches und
faunistisch-ökologisches Forschungsprogramm zu entwickeln. Daraus sind gemeinsam
mit den Fachbehörden des Naturschutzes geeignete Maßnahmen zu einem gezielten
Arten- und Biotopschutz abzuleiten. Dazu ist die Einrichtung eines Kuratoriums
„Leipziger Auen“ zu empfehlen.
Naturschutzgebiete
Im Leipziger Stadtwald liegen folgende Naturschutzgebiete:
● Naturschutzgebiet „Burgaue“ (Gesamtgröße 270 ha)
● Naturschutzgebiet Lehmlache „Lauer“ (Gesamtgröße 49 ha)
● Naturschutzgebiet „Elster- und Pleiße- Auwald“
Biotische Schäden
Im Augenblick wirken sich folgende vier biotische Schäden stark negativ auf
den
Leipziger Stadtwald aus:
- Das Ulmensterben, verursacht durch den Pilz Ophiostama Novo Ulmi,
- Der Pappelrindentod, verursacht durch den Pilz Dotichiza Populea,
- Das Eschentriebsterben, verursacht durch den Pilz Chalara Fraxinea.
- Wildverbiss
Auch im vergangenen Planungszeitraum traten in den angelegten Neuaufforstungen
und Aufforstungen wiederholt Mäusefraßschäden auf. So bewirkt Mäusefraß hauptsächlich
(in Zusammenhang mit anderen ungünstigen Faktoren) das Absterben einer Wiederaufforstung
nach dem Einschlag eines Pappelreinbestandes in der Abteilung 252b.
An Stieleichen kam es in unregelmäßigen Zeitabständen zu Frostspanner- und
Eichenwicklerfraß. Punktuell wurde auch wieder an Einzelbäumen der Eichenerdfloh
festgestellt. Durch den Schwammspinner wurden keine nennenswerten Schäden
verursacht. Durch unser Naturkundemuseum erhielten wir die Mitteilung, dass
erstmals der Eichenprozessionsspinner auch in der Stadt Leipzig festgestellt
wurde. Schäden im Leipziger Stadtwald konnten aber noch nicht festgestellt
werden.
Die vereinzelt im Leipziger Auwald vorkommenden Roßkastanien sind nach wie
vor seit 1998 durch die Roßkastanienminiermotte befallen. Absterbeerscheinungen
wurden aber noch nicht festgestellt.
Die in den letzten 130 Jahren erfolgten Änderungen in Baumartenzusammensetzung,
Altersklassenstruktur und Waldbild lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Der Anteil der ökologisch wichtigsten Baumart Stieleiche sank erheblich.
Untersucht man die Altersklassenstruktur dieser Baumart, ist abzusehen, dass
sich diese Tendenz fortsetzen würde, wenn keine Maßnahmen zur nachhaltigen
Sicherung oder Erhöhung ihres Anteils getroffen werden. Das fast völlige Verschwinden
dieser Baumart wäre eine mögliche Folge.
- Der Anteil der Ulmen ist nur noch auf die Strauchschicht beschränkt, in
der oberen Baumschicht ist sie so gut wie verschwunden.
- Der Anteil von Esche und Ahorn ist erheblich gestiegen. Werden die Altersklassenstruktur
und die Naturverjüngungssituation untersucht, ist ersichtlich, dass die Tendenz
zur, zumindest vorübergehenden, absoluten Dominanz dieser Baumarten besteht.
Ohne menschliche Eingriffe vollzieht sich im Augenblick die Sukzession in
Richtung eines Ahorn-Eschen-Waldes.
- Auf künstlichem Wege wurde ein erheblicher Anteil nicht standortheimischer
Baumarten, vor allem Hybridpappeln eingebracht
- Es erfolgte eine zunehmende Uniformierung der einst dem Standortmosaik angepassten
Bestände in der Artenzusammensetzung. Wichtige Differentialarten entfielen.
Durch teilweise Kahlschlagswirtschaft und infolge der Sukzession entstanden
schon großflächig Bestände mit nur wenigen hartholzauentypischen Baumarten,
die oft gleichaltrig sind (Bergahorn, Esche). Der Anteil der Flächen mit einer
hohen Zahl verschiedener hartholzauentypischer Baumarten bei ungleichem Alter
ging zurück.
- Die Bestände wurden strukturärmer mit wenigen Randlinien und insgesamt im
Inneren dunkler.
- Die wichtigsten Baumarten weisen keine gleichmäßige Altersklassenverteilung
auf. Bei den Stieleichen und Eschen dominieren die höheren, bei Spitz- und
Bergahorn die niedrigen Altersklassen. Würde sich die Tendenz so wie 1991
fortsetzen, käme es zu einer erheblichen Verringerung der Baumartenvielfalt
und damit der Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten im Auenwald überhaupt.
Vor allem Arten, die fast nur noch im Bereich des Leipziger Auenwaldes vorkommen,
würden damit deutschlandweit aussterben. Unterstrichen werden diese Feststellungen
durch die im Jahre 1995 durchgeführte Waldbiotopkartierung im Sächsischen
Forstamt Leipzig und im Stadtforstamt Leipzig durch die Sächsische Landesanstalt
für Forsten. Von den 1200 ha untersuchten Stadtwaldes wurden nur noch 38 %
der Gesamtfläche als Waldbiotop „Hartholzaue“ eingestuft (WALDBIOTOPKARTIERUNG,
1998)
Die Stadtwälder im Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auwald weisen folgende Baumartenzusammensetzung (Flächenanteile) auf (nach Forsteinrichtung 03-2012):
- Stieleiche 19,4 % (216,4 ha)
- Gemeine Esche 35,7 % (398,4 ha)
- Bergahorn 20,9 % (233,8 ha)
- Spitzahorn 1,2 % ( 13,0 ha)
- Winterlinde 3,6 % ( 40,6 ha)
- Hainbuche 2,3 % ( 26,0 ha)
- Flatterulme 1,4 % ( 15,2 ha)
- Feldahorn 0,1 % ( 0,6 ha)
- Roterle 2,3 % ( 25,8 ha)
- Vogelkirsche 0,9 % ( 9,7 ha)
- Pappelsorten 5,0 % ( 55,3 ha)
- Rotbuche 1,4 % ( 15,8 ha)
- Roteiche 0,9 % ( 10,0 ha)
- Gemeine Birke 0,9 % ( 10,6 ha)
- Rosskastanie 0,4 % ( 4,6 ha)
- Robinie 1,2 % ( 13,5 ha)
- Sonstige 2,4 % ( 27,4 ha)
Papitzer Lehmlachen Foto: Künnemann
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