Gottfried Kormann über die Publikation zum Lützschenaer Schloßpark

Zur Freude der Besucher der Leipziger Auenlandschaft

Der Dianatempel im Lützschenaer Schloßpark und auf der Titelseite der BroschüreIm Leipziger Passage-Verlag erschien eine neue Darstellung des Schloßparks von Lützschena. Sie ist die derzeit ausführlichste, gründlichste und authentischste Veröffentlichung über dieses kunsthistorisch bedeutsamen Landschaftsgebildes an Weißer Elster und Luppe, verbunden mit Ausführungen zu seiner Entstehungsgeschichte und der weltanschaulichen Grundlagen, die in seiner Anlage manifestiert sind. Die drei Aufsätze in dieser repräsentativen gestalteten Publikation, die dem Parkgründer, Maximilian Speck von Sternburg (1776-1856) gewidmet ist und den Besuchern der europaweit einzigartigen Auenlandschaft Freunde bereiten soll, erschienen ursprünglich im "Werkbericht III" des Deutschen Werkbundes Sachsen. Für die jetzige 2. Auflage wurden sie überarbeitet und erweitert.

Herausragender Autor ist der exzellente Kenner seiner Familiengeschichte, Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg, ein Ururenkel von Maximilian, der bereits den Werdegang der Familie in einer viel beachteten, ausgezeichneten Chronik beschrieben hat. Wolf-Dietrich Speck von Sternburg ist der Präsident und Verwalter der Sternburg-Stiftung und der Sprecher der weitverzweigten Erbengemeinschaft. Um Lützschena und seinen Schloßpark hat er sich seit über einem Jahrzehnt mit viel Engagement und Ideenreichtum bleibende Verdienste erworben.

In der Schloßpark-Publikation schreibt er sachkundig und sehr informativ über den Park und dessen Werdegang, den er als Ausdruck des ganzheitlichen Weltbildes des Kaufmanns, Agrarpioniers und Kunstsammlers Maximilian Speck von Sternburg ansieht. Der war beispielgebend in seiner Zeit als Europäer und Weltbürger, mit einem weltoffenen erstaunlichen Weitblick für die künftigen Entwicklungen auf dem Planeten. Maximillian waren rassistische und ethnische Ressentiments fremd, ihn erfüllten Toleranz und eine humanistische Gesinnung. Auf maßstabsetzende Weise verwirklichte er die Wechselbeziehungen von Wirtschaft und Kunst. Der erfolgreiche Landwirt, Kaufmann und Weltreisende widmete der Pflege und Förderung der Kultur größte Aufmerksamkeit. Seine berühmte und wertvolle Gemäldesammlung und die nach Anregungen aus England und im Geiste der Weimarer Klassik des frühen 19. Jahrhunderts landschaftsarchitektonisch gestaltete Anlage des Schloßparks belegen das überzeugend.

Nicht weniger bedeutsam in der Publikation ist die wissenschaftlich tiefgründige und dennoch allgemeinverständlich geschriebene Abhandlung des renommierter Leipziger Kunsthistorikers Peter Guth über die Parks von Machern und Lützschena. Er zeigt sie als Beispiele für die geistesgeschichtliche Wandlung romantischer in skeptische Weltsichten und beweist die Progressivität ihrer Anlage in ihrer Zeit.

Speck von SternburgDer besondere Wert der Publikation zeigt sich auch darin, dass sie sich nicht nur ausschließlich auf den Park bezieht. Sie enthält auch eine Kurzbiographie des Maximilian Speck von Sternburg und eine knappe, aufs Wesentliche konzentrierte Darstellung der Geschichte von Specks Hof im Leipziger Stadtzentrum, der 1815 von Maximilian erworben wurde und sich bis 1890 im Besitz der Familie befand. Dargestellt wird auch eine kurzgefaßte Geschichte des Gutes und der Brauerei Lützschena von 1822 bis zur Gegenwart. Viel Raum in der Publikation wird der Entstehung und dem Schicksal der einzigartigen Gemäldesammlung gewidmet, zu der zwischen 1808 und 1832 von Maximilian der Grundstock gelegt und für die er 1834 eigens einen "Gemäldesaal" in Lützschena erbauen ließ. Dietulf Sander vom Leipziger Museum der bildenden Künste schreibt dazu über die vorbildliche "Maximilian Speck von Sternburg Stiftung", die den Bilderreichtum der Sammlung dem Leipziger Kunstmuseum als Dauerleihgabe sichert. Unter den 202 Gemälden, 126 Zeichnungen und mehr als 500 druckgraphischen Blättern aus der Zeit des 15. bis 19. Jahrhunderts, befinden sich Meisterwerke von Lucas Cranach d. Ä., Peter Paul Rubens und Caspar David Friedrich, um nur drei Spitzenkünstler zu nennen. Dazu kommt ein hervorragender Bestand an illustrierten Büchern und Kunstliteratur.

Einen Höhepunkt in der Broschüre bildet die 1826 in beeindruckender Gedichtsform von Maximilian geschaffene, sehr berührende Beschreibung des Parks, in der sich nochmals komprimiert das Weltbild, der Glaube und die Charaktereigenschaften und Gefühle des Wirtschafts- und Kunstexperten offenbaren. Zehn Jahre später, 1836, im Todesjahr seiner Ehefrau Charlotte Elisabeth Speck von Sternburg, Tochter des Leipziger Senators und Seidenwarenhändlers Christian Friedrich Hänel von Cronenthall, mit der er fünfundzwanzig Jahre verheiratet war, ergänzte Maximilian sein Gedicht auf ergreifende Weise. Zu lesen ist auch das differenziert formulierte aufschlußreiche Bekenntnis des bekannten Publizisten und Buchautoren Wilhelm von Sternburg, Bruder von Wolf-Dietrich, zum Erbe seiner Ahnen und zum architektonischen Kleinod, den der Schloßpark bildet.

In der Publikation findet sich ein Lageplan des Parks mit ausführlichen Erläuterungen seiner Wegeführung und der Standorte und Gestaltungsgrundsätze der verschwundenen und noch vorhandenen Kunstwerke, wodurch der Park zur Symbiose zwischen Natur- und Kulturdenkmal wurde. Darunter befindet sich auch der Diana-Tempel, dessen Restaurierung im Wertumfang von neunzigtausend Mark im vergangenen Jahr erfolgte. Illustriert ist das Buch mit historischen Bilddokumenten aus dem Archiv der Familie Speck von Sternburg sowie von Nora von Reiswitz, München, und Bernd Sikora, Leipzig, der auch als Herausgeber der Publikation zeichnet.

Wolf-Dietrich Speck von Sternburg, Peter Guth: Der Speck von Sternburgsche Schloßpark Lützschena
2.erweiterte Auflage, 15,- DM, herausgegeben von Bernd Sikora im Passage-Verlag Leipzig

Die Publikation ist erhältlich in der Auwaldstation Lützschena und im Museum der bildende Künste Leipzig, Grimmaische Straße.

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