Jugendstil-Bauten in Lützschena-Stahmeln

Um die Jahrhundertwende führte die durch die industriemäßige Fertigung bedingte künstlerische Verarmung der Erzeugnisse zu einer internationalen Protest-Bewegung, die als Stilkunst bekannt wurde. Leipzig hat an der deutschen Namensgebung: Stil der Jugend = Jugendstil maßgeblichen Anteil. Der Name taucht im Zusammenhang mit der Münchner Zeitschrift "Die Jugend" zuerst hier auf. Das farbige Titelblatt der Zeitschrift wurde in Leipzig gedruckt. Wohlhabende Leipziger ließen sich in der dörflichen Umgebung Villen in diesem Stil in der Zeit von 1895 bis 1910 bauen.

Ein Titelblatt
Zeitschrift "Die Jugend"


Haus Elsteraue 3

Beginnen wenn wir unseren Gang durch den Ort am Rathaus. Diese ehemalige Villa ist um 1910 im Jugendstil erbaut worden. 1934 mußten die Besitzer einem Verkauf an die Gemeinde für 20 000 Mark zustimmen. Im Inneren sind noch Türen und Paneele im Stil erhalten und renoviert worden. Bemerkenswert sind die
fachwerkartigen Aufbauten im sogenannten Heimatstil und die Dachgestaltung.

Wenn wir der Straße Elsterberg folgen, kommen wir zum Haus des Trinitatis-Rings in der Elsteraue 3. Hinter einer hohen Mauer verbirgt sich eine Villa von 1909 ähnlich dem Rathaus. Gleich danach ist der Turm der Hainkirche zu sehen. Um 1905/6 erfolgte ein Neubau des Turms, der Halle mit schönen Dachbalken, Glasfenstern und Gestaltungselementen, alle im Jugendstil.


Haus Elsteraue 9 mit Anbau


Haus Elsteraue 9a von der Elster

Am Haus Elsteraue 9, nach 1903 von Th. Quietzsch mit starken Anklängen an den Historismus erbaut, bieten besonders die Rückfront mit einem herrlichen Holzvorbau, die Glasfenster und Dachaufbauten Beispiele für Jugendstil-Elemente, die auch vom Umbau 1913 durch Max Schönfeld stammen können. Geschlossener in der Architektur ist das "Hinterhaus", allerdings später erbaut. Die Parkseite ist sehr großzügig gestaltet und vom Luppedamm aus sichtbar.

Haus Elsteraue 11 von Peter Dybwad

Mit dem Haus Elsteraue 11 hat Lützschena ein Achitekturbeispiel klassischen Formats. Der bekannte norwegische Architekt Peter Dybwad baute unter anderem das graue Drei-Giebel-Haus am Thomaskirchhof und das Geschäftshaus Lipanum am Martin-Luther-Ring 13 und war am Reichsgericht und an Marienbrunn beteiligt. Der von einer achteckigen Haube bedeckte Turm ist das hervorstechendste Merkmal. Die Verwendung von Schiefer im Obergeschoß, die hervortretenden Erkerfenster, das Gitter zum Garten und die Gestaltung des Hauses ausgehend von der inneren Funktion sind ein hervorragendes Beispiel für das im Stil angestrebte Gesamtkunstwerk. 1916 erfolgte ein Anbau im damals schon nicht mehr aktuellen Stil.

Das auf der anderen Seite in einem großen Garten liegende Haus Elsteraue 16 ist für eine Villa sehr groß, im Dachbereich und der Gesamtauffassung ein schönes Stil-Beispiel. Erbaut nach 1906 von C. Hermsdorf für einen wohlhabenden Gutsbesitzer zeugt es von der Anziehungskraft der Hänicher Gegend.


Haus Elsteraue 16


Dorettenring 19-21

Zurückgehend nach Quasnitz finden wir im Dorettenring ein Beispiel für die Realisierung der Gartenstadt-Idee. Um 1906/7 im Auftrag des Rechtsanwalts Bruno Peglau vom Leipziger Architekten Herold gebaut, sollte es auch weniger Begüterten (Künstlerviertel) Wohnen im Grünen ermöglichen. Absichtlich sind internationale Elemente in holländischer, französischer und nordischer Art zu einem geschlossenen Gesamtensemble verwoben. Obwohl Reihenhäuser, sind die symmetrischen Gebäude sehr abwechslungsreich aus einzelnen Wohnbereichen mit großen Gärten gestaltet.

In ähnlicher Weise ist die auch so genannte Gartenstadt ab 1911 nördlich der Bahnstraße begonnen worden.

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Weiter in Richtung Schloßgasse finden wir Am Russischen Garten 2 ein weiteres ausdrucksstarkes Beispiel der Jugendstilbaukunst. Vor 1911 von G.E. Reichel für einen Gutsbesitzer erbaut, hatte es ein fahnengeschmücktes Türmchen auf dem Dach. Die schön geschwungene Eingangsseite liegt im Garten hinter der im Stil gebauten Mauer. Nach der Renovierung sind Giebel und Terrasse nicht mehr im Originalzustand.

Haus Am Russischen Garten 2

Gehen wir in Richtung Stahmeln, so kommen wir zur Kunstmühle des Franz Lucke, erbaut von M.W. Vogel. Noch heute im Betrieb, ist das riesige Gebäude etwas schäbig, aber läßt die Schönheit der Industriebauten von 1905 ahnen. Die Ansichten vom Hofe und von der Elsterbrücke sind besonders beeindruckend.


Kunstmühle Stahmeln


Herrenhaus des Gutes

Zum Schluß wenden wir uns dem Gutshof und dem Herrenhaus des Herrn Rauer zu. Der weithin sichtbare Turm grüßt mit seiner Wetterfahne schon von Weitem. Ein Brunnen im Hofe, massive Granitsäulen und Rustikasockel, eine abwechslungsreiche Dachlandschaft und reich gegliederte Fassaden erstrahlen im neuen Glanze. Die Nebengebäude am Eingang sind ebenfalls sehenswert. Mit 1898 als Baujahr ist das schöne Haus eines der ersten Jugendstilbauten in Lützschena-Stahmeln.

Text und Bild: R. Pietag
Für Anfragen, Hinweise und Anregungen: Hohle Gasse 5, 04159 Lützschena, Tel. 461 68 90, Fax 461 68 85


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