Ein Gang zum Schlosspark in Lützschena (11 von 22)

Der Borghesische Fechter

Text und Foto: Horst Pawlitzky
Stand 2013

 

zur letzten Station nächste Station

Der Borghesische Fechter vor dem Schloss von Lützschena
Das Foto zeigt die Skulptur an ihrem früheren Standort vor dem Lützschenaer Schloss, denn nach seiner Umsetzung ist es nur schwer von den Spaziergängern an der Weißen Elster zu sehen.

Als Vorlage für diesen Eisenguss diente eine antike Marmorstatue, die im 1. Jhd. v.u.Z. in der griechischen Stadt Ephesos an der Westküste Kleinasiens (heute Türkei) geschaffen wurde. Der Hinweis auf den Meister findet sich als Inschrift auf der Stütze, die einen Baumstumpf darstellt. Dort heißt es übertragen: "Von der Hand des Agasias, Sohn des Dositheus, aus Ephesos". Die Statue wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts in Nettuno gefunden und gelangte später in die Sammlung der Borghese, eines reichen italienischen Adelsgeschlechtes, was auch den Namen des Kunstwerks erklärt. Einer aus der Familie, Camillo Filippo Ludovico (1775 - 1832) heiratete 1803 die zweite Schwester Napoleons I. Pauline. Vielleicht hier, aber auch in den Napoleonischen Feldzügen in Italien liegt der Grund, dass das Kunstwerk 1808 in den Pariser Louvre kam, wo es sich noch heute befindet.

Nun entsprach es einer im 18. und frühen 19. Jahrhundert verbreiteten Mode, dass sich die Begüterten Gipsabgüsse antiker Kunstwerke anfertigen ließen und in ihre Häuser stellten. Dort dienten sie sowohl als Schmuck, aber auch zur Belehrung heranwachsender Generationen. Nicht zuletzt erfreuten sich die Besitzer an der zeitlosen Schönheit der klassischen antiken Meisterwerke, wurde so die Kunstepoche des Klassizismus geprägt. Man denke nur daran, wie sich Goethe die Räume seines Hauses am Frauenplan in Weimar mit Gipsabgüssen verschönen wollte, "das Land der Griechen mit der Seele suchend" (Iphigenie).

Einen Abguss des Borghesischen Fechters in Gips, 1844 von Jacuet an der Ecole des Beaux Arts in Paris angefertigt, erwarb der in Altenburg geborene Astronom und sächsische Staatsmann Bernhard August von Lindenau (1759 - 1854) für die von ihm begründete Sammlung. Seine Absicht war es, die von ihm speziell gesammelten antiken griechischen Vasen, frühitalienischen Tafelbilder und Abgüsse von Plastiken verschiedener Epochen zum Grundstock eines öffentlichen Kunstinstituts seiner Vaterstadt zu machen. Ganz besonders deutlich wird das an den Modellen antiker Bauten, die aus Kork hergestellt wurden und sicher dazu dienen sollten, den Lernenden die Architektur längst vergangener Zeiten plastisch vor Augen zu führen. Diese Schätze, eingeschlossen die Bibliothek zu Themen der Kunst, hinterließ er dem Herzogtum Sachsen-Altenburg, wo man sie heute noch im Altenburger Lindenau-Museum bewundern kann.

Offensichtlich der gleichen Mode folgend ließen sich die Sternburgs auch einen Abguß anfertigen, allerdings in Eisen. Hergestellt wurde dieser in der Gräflich Einsiedelschen Giesserei zu Mückenberg. Über den Anlass und weitere Umstände ist uns z. Zt. leider nichts bekannt. Seine Qualität ist aber so, dass die im Freien stehende Plastik bis heute alle Zeitläufe überstand. Nicht nur, dass sie mehr als hundert Jahre der Witterung trotzte, auch widerstand sie der Anfangs der 90-er Jahre erhobenen Forderung, sie nach Leipzig umzusetzen, wo sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich sein sollte. Infolge der Eingemeindung von Lützschena-Stahmeln ist sie nun doch nach Leipzig gekommen, musste aber deshalb nicht einen Zentimeter bewegt werden. Dieses Kunstwerk, dessen Ursprung mehr als zweitausend Jahre zurückliegt, ist uns so viel wert, dass wir uns für ihren Verbleib am angestammten Platz mit allen Mitteln einsetzen, so dass sich auch nachfolgende Generationen an seiner zeitlosen Schönheit erfreuen können. Auch wenn die jetzigen Schlossherren die Statue an einen anderen Platz als auf dem Foto setzen ließen, so ist sie im Schlossgarten durch eine Lücke in der Hecke gut zu sehen, wenn man zur Auwaldstation geht.

zurück | Karte | weiter


© 1999-2013 Lützschena-Stahmeln