Dicht an dicht gedrängt standen die Mitglieder der Lützschenaer Kirchgemeinde, der Schwesterkirchgemeinden aus Möckern, Lindenthal und Wahren, der Ortsgemeinde Lützschena-Stahmeln sowie Ihre Gäste aus nah und fern, als am 21.Mai 2011 kurz nach 15:00 Uhr das Glockenläuten verstummte und der Lindenthaler Posaunenchor die erste Strophe des Chorals „Nun danket alle Gott“ anstimmte. Über 3 Jahre war auf diesen Moment von Restauratoren, Handwerkern, Bauingenieuren und vielen ehrenamtlichen Helfern hingearbeitet worden. Dabei war der Termin, am Wochenende nach dem Sonntag Jubilate, nicht zufällig gewählt, weihte doch 1321 am 6. Tage nach Jubilate der Bischof Ludwig von Marronia den Altar der Hänicher Kirche - wie neueste Forschungen ergaben - dem heiligen Vinzenz. Aus diesem Grund beschloss auch der Lützschenaer Kirchenvorstand, dass die Kirche nunmehr den Namen „Hainkirche St.Vinzenz“ tragen soll.
Nach einem Gebet begann dann der feierliche Einzug in die Kirche, angeführt von den Mitgliedern des Kirchenvorstandes, die den Altarschmuck und die liturgischen Geräte (das Kruzifix, die Kerzenleuchter, die Altarbibel, die Paramente und den Blumenschmuck) trugen. Ihnen schlossen sich der Superintendent Martin Henker, der Augustiner-Pater Dr. Michael Wernicke, die Ortspfarrer Helge Voigt und Albrecht Häußler, die Pfarrer der Partnergemeinden Dr. Botho Ahlers (Hannover-Hainholz) und Tamás Szakács (Felsöpetény Ungarn) sowie die zahlreiche Festgemeinde an.
Nach der Begrüßung in der Kirche durch den Superintendenten und der Lesung (Offb. 21,1-5a) folgte ein Gebet, dass durch die Pfarrer und 3 Mitglieder des Kirchenvorstandes gesprochen wurde, in dass die Gemeinde nach den einzelnen Bitten mit dem Ausruf: „Herr, erhöre uns“ einsetzte und an das sich ein gemeinsames Vaterunser sowie die 2. und 3. Strophe von „ Nun danket alle Gott“ anschlossen.
Den nun folgenden Reigen der Grußworte eröffnete der katholische Augustiner-Pater Dr. Micheal Wernicke, da die Weihe des Altars der Hänicher Kirche durch ein beim Umbau im Jahre 1906 gefundenes Pergament durch Bischof Ludwig von Marronia im Jahre 1321 bezeugt ist. Dieser Bischof war Angehöriger des Augustiner-Eremiten-Ordens und seine Grabplatte befindet sich in der Erfurter Augustiner Kirche, in deren Kloster 1505 Martin Luther eintrat. Diese Zusammenhänge griff Pater Michael in seinem Grußwort auf und sprach sich dafür aus, stärker auf das Verbindende von Katholiken und Protestanten zu sehen.
Eine gelungene Überraschung hatte sich die ungarische Partnergemeinde ausgedacht. Ihre Grußworte überbrachte Pfarrer Tamás Szakács, assistiert von seiner Frau, die die deutsche Übersetzung vornahm. Das überreichte Geschenk, welches sogleich von Pfarrer Voigt geöffnet wurde, enthielt einen goldenen Abendmahlskelch mit Widmung und eine dazugehörige Patene, was von der Festgemeinde mit einem besonders herzlichen dankenden Applaus bedacht wurde.
Daran schlossen sich die Grußworte der Partnergemeinde Hannover-Hainholz und der Vorsitzenden des Ortschaftsrats Lützschena-Stahmeln, Margitta Ziegler, an. Letztere dankte der Kirchgemeinde für ihren Einsatz für den Erhalt der Lützschenaer Kirchen und lud alle Einwohner ein, sich diese steinernen Urkunden der Ortsgeschichte anzusehen. Dies war dann auch das Stichwort für die Kinder der 4 Christenlehregruppen, die mit Kantorin Sonja Lehmann das Lied „Gottes Haus hat viele Steine“ einstudiert hatten. Das zu den vielen Steinen auch viele Bauingenieure, Restauratoren und Handwerker gehören, zeigte der anschließende Dank an alle an den Bauarbeiten Beteiligten. Diese wurden nach vorn gebeten und erhielten als Dank den Druck einer Zeichnung von Andreas Meyertöns, der den Blick in den Altarraum im Mai 2011 festgehalten hat sowie den noch druckfrischen Kirchenführer der Hainkirche St. Vinzenz.
Nach Gebet, Segen und einer Orgelmusik begann in und um die Kirche das Gemeindefest. Dicht umlagert waren dabei sogleich die Kuchen und Kaffeestände der Jungen Gemeinde. Die dabei eingeworbenen Spenden unterstützen die Jugendlichen bei ihrer diesjährigen Rüstzeit, die sie im Sommer nach Bosnien führt. Ein besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang auch den Trinitatisschwestern, die ihr neben der Hainkirche St. Vinzenz gelegenes weitläufiges Grundstück für das Gemeindefest zur Verfügung gestellt hatten und neben einem reichhaltigen Kinderprogramm mit Spiel und Spaß auch die Gestaltung eines Wandbildes aus Schafswolle mit den Kindern und das Filzen von Wollbällen durchführten und daneben über Ihre Arbeit im NAOMI e.V. informierten, einem Verein, der sich um die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund kümmert.
Gegen 17:00 Uhr rief dann die Kirchenglocke zum nächsten Höhepunkt: Dem Theaterstück der Zeitenspringer. Darin gestalteten 12 Jugendliche aus Lützschena, Lindenthal, Breitenfeld, Stahmeln und Schkeuditz unter Leitung von Pfr. Helge Voigt einige spannende Begebenheiten aus der über 800jährigen Geschichte der Hänicher Kirche als Zeitreise und präsentierten damit auch gleich einen Teil ihrer Ergebnisse, die sie im Projekt „Geschichten in Stein, die Hainkirche als Urkunde begreifen“ erforscht hatten. Dieses Geschichtsprojekt wurde von der Stiftung Demokratische Jugend Berlin und der Sächsischen Jugendstiftung gefördert und im Sächsischen Landtag in Dresden vorgestellt. Parallel dazu entstand auch ein Flyer, der über die Arbeit im Projekt berichtet und die Forschungsergebisse präsentiert. Dieser liegt nunmehr auch in der Hainkirche St.Vinzenz aus. Das Theaterstück eine Aufführung ist viel zu wenig! Sobald der nächste Aufführungstermin feststeht wird er auch im Auerkurier veröffentlicht.
Daran schloss sich die Führung von Kirchenhistoriker Prof. Gerhard Graf an. Er erläuterte einige der Ausstattungsgegenstände und ihre spannende Geschichte und zeigte, an welchen Steinen man die Baugeschichte ablesen kann. All denen, die dies noch einmal in Ruhe zu Hause nachvollziehen wollen, sei der Kirchenführer „Die Ev.-Luth. Hainkirche St. Vinzenz in Leipzig-Lützschena / Ein Rundgang“ empfohlen, der im Pfarramt, Schlossweg 4, und im Zeitschriftenladen „Tintenklecks“ für 5 EUR erworben werden kann.
Parallel dazu bereiteten alljene die 14 Tage später die Schwesterkirchgemeinden Möckern, Lindenthal, Lützschena und Wahren auf dem 33. Evangelischen Kirchentag präsentierten, eine leckere Gemüsesuppe vor. Da diese „Generalprobe“ erfolgreich verlief, war es den Beteiligten dann auch nicht mehr bange, 400 Mahlzeiten zum Abend der Begegnung in Dresden ausgeben zu können.
Gut gestärkt standen am Abend noch 2 Konzerte und ein Vortrag zum Baugeschehen der letzten Jahre auf dem Programm. Den Anfang übernahm der Kantor der Markkleeberger Martin-Luther-Kirchgemeinde, Frank Zimpel. Sein Orgelkonzert spannte einen Bogen von Johann Sebastian Bach über Wolfgang Amadeus Mozart bis zu Felix Mendelssohn-Bartholdy und erinnerte daran, dass nach der Innenerneuerung der Kirche mit Restaurierung von barockem Altaraufsatz und Kanzel, Trockenlegung, Einbau eines WCs und Austausch der kompletten Elektrik nun die Überholung der Orgel ansteht.
Die einzelnen Bauabschnitte der Innenerneuerung griff auch der folgende Vortrag des Autors mit einer kleinen Auswahl der rd. 7000 während der Bauzeit entstandenen Fotos auf. Neben Details, wie z.B. dem durch dendrochronologische Untersuchungen bestimmten Fälldatum einiger Balken unter den Emporen (Winter 1690 zu 91) oder im Dachstuhl (1520 bzw. 1560) wurden insbesondere Fotos gezeigt, die die einzelnen Zwischenschritte der Sanierung dokumentieren.
Den Abschluss des Tages bildete das Konzert von Andreas Mocker und den Dirty Flowers, die mit ihrer romantischen Illumination der Kirche und den rockigen Balladen die Zuhörer in ihren Bann zogen.
Der folgende Sonntag, im Kirchjahr „Kantate“ genannt, stand dann ganz im Zeichen der Kirchenmusik und füllte die Hainkirche St.Vinzenz wieder bis auf den letzten Platz. Der Chor des Schwesternkirchverhältnisses Möckern, Lindenthal, Lützschena und Wahren, der Lindenthaler Posaunenchor, der Flötenkreis, Kantor Thomas Pfeifer an der Orgel und der Chor der Christenlehrekinder sogten für einen festlichen Abschluss des Kirchweih und Gemeindefestes mit dem Regionalgottesdienst. Dabei wurde auch der neu geschaffene Abendmahlstisch eingeweiht, der neben den Keramiken der Lützschenaer Künstlerin Johanna Baraniak die Ausstattung der Hänicher Kirche um aktuelle Stücke ergänzen und so die Reihe für kommende Generationen fortführen. Für weiterführende Informationen und Bilder des Kirchweihfestes sei an dieser Stelle auf die Seiten www.hainkirche.info sowie www.glocke-leipzig.de verwiesen.
Steffen Berlich